Kostenübernahme für rtCGM-Systeme durch die Krankenkassen
Am 16. Juni 2016 gab es den:„Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) zur Therapiesteuerung bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus“ [1].
Dabei wurde dargelegt, dass „CGM mit Real-Time Messgeräten (rtCGM) zur Therapiesteuerung bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden können.“
Damit lassen sich prinzipiell die Indikationen für die Nutzung von CGM ableiten. Unter anderem wurde festgelegt:
§2: Indikation
(1) Die Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) darf zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden
1. bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus;
2. die einer intensivierten Insulinbehandlung bedürfen, in dieser geschult sind und diese bereits anwenden;
3. insbesondere dann, wenn die zwischen Ärztin oder Arzt und Patientin oder Patient festgelegten individuellen Therapieziele zur Stoffwechseleinstellung auch bei Beachtung der jeweiligen Lebenssituation der Patientin oder des Patienten nicht erreicht werden können
4. und wenn die Voraussetzungen des § 3 (Qualitätssicherung) vorliegen.
(2) Als intensiviert ist eine Insulintherapie anzusehen, bei der die Patientin oder der Patient entsprechend ihres oder seines Lebensstils den Zeitpunkt und die Zusammensetzung der Mahlzeit selbst frei festlegt und dementsprechend die Dosierung des Mahlzeiteninsulins anhand der Menge der aufzunehmenden Kohlenhydrate und der Höhe des präprandialen Blutglukosespiegels steuert.
§ 3 Vorgaben zur Qualitätssicherung
(1) Im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung darf die Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) nur bei Erfüllung der in den folgenden Absätzen aufgeführten Qualitätssicherungsvorgaben durchgeführt werden:
(2) Zur Durchführung der Methode rtCGM im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt sind:
1. Fachärzte für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie oder
2. Fachärzte für Innere Medizin, für Allgemeinmedizin oder für Kinder- und Jugendmedizin jeweils mit der Anerkennung „Diabetologie“ oder „Diabetologe Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)“ bzw. mit vergleichbarer Qualifikation oder
3. Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin mit der Anerkennung „Kinder- Endokrinologie und -Diabetologie“.
Die in der Richtlinie verwendeten Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen richten sich nach der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer und schließen auch diejenigen Ärzte ein, welche eine entsprechende Bezeichnung nach altem Recht führen.
(3) Die Patientin oder der Patient muss zeitnah im Zuge der Verordnung und vor der ersten Anwendung des rtCGM über die Schulungsinhalte zur intensivierten Insulintherapie (ICT und gegebenenfalls zur Insulinpumpe) hinausgehend, hinsichtlich der sicheren Anwendung des Gerätes, insbesondere der Bedeutung der Blutglukose-Selbstmessung und der durch das Gerät zur Verfügung gestellten Trends unter Berücksichtigung des individuellen Bedarfs und eventuell vorhandener Vorkenntnisse geschult werden.
(4) Die Ärztin oder der Arzt und die Patientin oder der Patient legen gemeinsam ein individuelles Therapieziel unter Nutzung der rtCGM fest. Die Ärztin oder der Arzt dokumentiert das Therapieziel und im Verlauf der weiteren Behandlung die Zielerreichung.
(5) Das eingesetzte Gerät muss ein zugelassenes Medizinprodukt zur Kontinuierlichen interstitiellen Glukosemessung mit Real-Time-Messung (rtCGM) sein. Anhand einer Alarmfunktion mit individuell einstellbaren Grenzwerten muss das Gerät vor dem Erreichen zu hoher oder zu niedriger Glukosewerte warnen können. Das Empfangsgerät kann in eine Insulinpumpe integriert sein.
(6) Soweit der Einsatz des Gerätes eine Verwendung, Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener oder personen-beziehbarer Daten vorsieht, muss sichergestellt sein, dass diese allein zum Zwecke der Behandlung der Patientin oder des Patienten erfolgen und eine Nutzung ohne Zugriff Dritter, insbesondere der Hersteller, möglich ist.
Die für die Patienten wichtigste Aussage des Beschlusses ist sicher, dass CGM für alle Diabetespatienten mit einer intensivierten Insulintherapie (sowohl bei Typ-1 als auch bei Typ-2-Diabetes), einschließlich der Pumpentherapie erstattet werden kann. Im Mittelpunkt standen dabei die Vermeidung von Hypoglykämien und die Verbesserung der Glukoseeinstellung. Dies entsprach auch der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Evidenz. In den Jahren nach 2020 wurden jedoch zunehmend auch Studien zur Anwendung von CGM bei Menschen mit Typ-2-Diabetes ohne ICT/CSII durchgeführt. So besteht eine gute Evidenz auch für Patienten, die eine BOT (Basal unterstützte orale Therapie) durchführen [2,3]. Selbst für Menschen mit oral oder gar nicht-medikamentös behandelten Typ-2-Diabetes, auch für Menschen mit Prädiabetes kann CGM sinnvoll sein, um zu sehen, wie ihr Organismus auf diverse Mahlzeiten, Stress und körperliche Aktivität reagiert. Hier ist aber eher ein intermittierender Einsatz, ggf. auch auf private Kosten angezeigt [4]
Literatur:
[1] Bundesministerium für Gesundheit: Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) zur Therapiesteuerung bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus vom 16. Juni 2016. Bundesanzeiger, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, vom 6. September 2016. https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2623/2016-06-16_MVV-RL_rtCGM_BAnz.pdf?msclkid=ddce3b8ad03111ec9258e12d62f0496e. Letzter Zugriff: 17.03.2025.
[2] Aleppo G, Beck RW, Bailey R, Ruedy KJ, Calhoun P, Peters AL, Pop-Busui R, Philis-Tsimikas A, Bao S, Umpierrez G, Davis G, Kruger D, Bhargava A, Young L, Buse JB, McGill JB, Martens T, Nguyen QT, Orozco I, Biggs W, Lucas KJ, Polonsky WH, Price D, Bergenstal RM; MOBILE Study Group; Type 2 Diabetes Basal Insulin Users: The Mobile Study (MOBILE) Study Group:. The Effect of Discontinuing Continuous Glucose Monitoring in Adults With Type 2 Diabetes Treated With Basal Insulin. Diabetes Care. 2021 Dec;44(12):2729-2737.
[3] Martens T, Beck RW, Bailey R, Ruedy KJ, Calhoun P, Peters AL, Pop-Busui R, Philis-Tsimikas A, Bao S, Umpierrez G, Davis G, Kruger D, Bhargava A, Young L, McGill JB, Aleppo G, Nguyen QT, Orozco I, Biggs W, Lucas KJ, Polonsky WH, Buse JB, Price D, Bergenstal RM; MOBILE Study Group. Effect of Continuous Glucose Monitoring on Glycemic Control in Patients With Type 2 Diabetes Treated With Basal Insulin: A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2021 Jun 8;325(22):2262-2272.
[4] Thomas A, Haak T, Tombek A, Kulzer B, Ehrmann D, Kordonouri O, Kroeger J, Schubert-Olesen O, Kolassa R, Siegmund T, Haller N, Heinemann Lutz. Expertenaustausch zum Einsatz von kontinuierlichem Glukosemonitoring (CGM) im Diabetesmanagement: Eine aktuelle Bestandsaufnahme und Blick in die Zukunft. Diabetologie und Stoffwechsel 2023; 18(01): 57 – 68.
Kategorisiert in: Selbstkontrolle
Dieser Artikel wurde verfasst von admin