Angst vor Metformin-Aus ist derzeit unbegründet

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(8.6.2025) Diabetes-Patienten, die mit dem Wirkstoff Metformin behandelt werden, müssen sich derzeit keine Sorgen machen, dass ihr Medikament aufgrund einer neuen EU-Richtlinie vom Markt genommen wird. Zwar haben mehrere Pharmakonzerne damit gedroht, die Produktion des vergleichsweise günstigen Arzneimittels einzustellen, wenn sie künftig einen Großteil der Kosten für die Abwasserreinigung tragen müssen. Bis die Richtlinie in den Mitgliedsstaaten geltendes Recht wird, werden allerdings noch mehrere Jahre vergehen, in denen auch über die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes nachverhandelt wird.
Negative Auswirkungen auf Flora und Fauna
Über die „Kommunale Abwasserrichtlinie“ (KARL) wird bereits seit einigen Monaten diskutiert. Ziel dieser EU-Richtlinie ist die Einführung einer vierten Reinigungsstufe in Klärwerken. Diese soll unter anderem dafür sorgen, dass Medikamentenrückstände aus dem Abwasser beseitigt werden. Derzeit gelangen diese Rückstände weitgehend ungefiltert in die Umwelt, wo sie schädliche Auswirkungen auf Flora und Fauna haben. Auch negative Folgen für den Menschen sind durch den Wiedereintrag in die Nahrungskette denkbar.Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Pharma- und Kosmetikkonzerne rund 80 Prozent der Kosten für die zusätzliche Reinigungsstufe tragen sollen. Das Problem: Die meisten Rückstände stammen von günstigen Medikamenten wie zum Beispiel Metformin. Auch Schmerzmittel und einige gängige Medikamente gegen Bluthochdruck wären betroffen. Für diese Wirkstoffe gibt es keinen Patentschutz. Die Arzneimittel werden von unterschiedlichen Pharmakonzernen hergestellt und von den Krankenkassen nur gering vergütet. Die Herstellung solcher Generika könnte unwirtschaftlich werden, wenn die EU-Richtlinie umgesetzt wird, warnen nun mehrere Pharmaunternehmen. Nachdem das Nachrichtenmagazin Der Spiegel das Thema aufgegriffen hat, wurde in mehreren Medien darüber berichtet.
Noch immer meistverordnetes Diabetes-Medikament
Sollte die Metformin-Produktion wirklich eingestellt werden, hätte das gravierende Folgen für das gesamte Gesundheitssystem. Laut der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) werden in Deutschland aktuell rund 2,9 Millionen Menschen mit Typ-2-Diabetes mit dem Arzneimittel behandelt. Das entspricht 75 Prozent aller Patienten mit dieser Stoffwechselerkrankung. Metformin senkt den Blutzucker und verringert die Insulinresistenz. Zwar wird mittlerweile darüber diskutiert, ob mit neueren Medikamenten noch bessere Behandlungsergebnisse erzielt werden können. In der Regel sind modernere Arzneimittel allerdings deutlich teurer, da für sie noch Patentschutz besteht. Zudem wird Metformin auch bei Behandlung mit einem neueren Wirkstoff häufig noch als zweites Diabetes-Medikament verordnet.Vor diesem Hintergrund erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass Metformin tatsächlich aufgrund der EU-Richtlinie zur Abwasserreinigung vom Markt genommen wird. Es ist jedoch denkbar, dass die Kosten des Medikaments und anderer Generika deutlich steigen, wenn die Hersteller stärker zur Kasse gebeten werden. Die Krankenkassen müssten in diesem Fall wahrscheinlich mehr Geld für Arzneimittel ausgeben, was wiederum Auswirkungen auf die Höhe der Kassenbeiträge haben könnte. Ob es wirklich so kommt, wird sich aber erst in den nächsten Jahren zeigen.
Quellen:
Frankfurter Rundschau
Apotheken Umschau
Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA)
Umweltbundesamt
Gesundheit Adhoc
Der Spiegel
Deutsches Ärzteblatt
Springer Medizin
eigene Recherche
Stichwörter: diabetes, diabetes mellitus typ 2, gesundheitspolitik, Metformin
Kategorisiert in: 2025, Diabetes-Therapie, Nachrichten, Presse
Dieser Artikel wurde verfasst von Thorsten Ferdinand