Die Insulinpumpentherapie (CSII)

Eine Insulinpumpentherapie ist der Goldstandard der Insulintherapie,  in erster Linie für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 und in seltenen Fällen auch Patienten mit den anderen Diabetestypen. Nicht jeder mit Diabetes mellitus Typ 1 möchte oder braucht eine Insulinpumpentherapie. Eine Insulinpumpentherapie ist eine sehr kostspielige Therapie. Die Pumpe selbst kostet 3000-4000 €. Die jährlichen Kosten für die Verbrauchsmaterialien wie Katheter etc. belaufen sich noch mal auf 1000-2000 €. Daher gibt es spezielle Richtlinien für die Verordnung von Insulinpumpen. Ein Patient, der mit einer ICT gut eingestellt ist, benötigt keine Insulinpumpe. Allerdings können Probleme auftreten, die zu einer nicht zufriedenstellenden Einstellung führen. In diesem Fall ist die Verordnung einer Insulinpumpe gerechtfertigt und wird nach Prüfung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen auch genehmigt. Im Rahmen des Facharztvertrages der AOK und DAK Baden-Württemberg entscheidet der behandelnde Arzt über die Notwendigkeit zur Pumpentherapie.

Die wesentlichen Gründe für die Verordnung eine Insulinpumpe sind:

  • Dawn-Phänomen: unter einem Dawn-Phänomen versteht man den Anstieg des Blutzuckers in den Morgenstunden. Die Nüchternblutzuckerwerte sind immer zu hoch aufgrund der Freisetzung von kontrainsulinären Hormonen (Cortisol, Katecholamine, Wachstumshormonund Glukagon) in den Morgenstunden. Ein Dawn-Phänomen lässt sich durch eine Anpassung des Basalinsulins nicht ausgleichen. Mit einer Insulinpumpe kann der Insulinbedarf in den Morgenstunden angepasst werden. Die Nüchternblutzuckerwerte werden deutlich besser und damit auch die Gesamteinstellung.
  • Brittle Diabetes: Patienten haben ein instabile Stoffwechsellage mit großen Blutzuckerschwankungen
  • Sportlich und körperlich aktive Patienten: die Sportler/innen können für eine bestimmte Zeitdauer die Menge des Basalinsulins reduzieren und vermeiden dadurch Unterzuckerungen bzw. eine zu große Zufuhr von Kohlenhydraten um Unterzuckerungen zu vermeiden.
  • Häufige Hypoglykämien
  • Hohe Insulinempfindlichkeit und geringer Tagesinsulinbedarf
  • Patienten mit beruflich bedingten stark wechselnden Tagesablauf wie Piloten und Schichtarbeiter
  • Patientinnen mit Diabetes mellitus Typ 1 während der Schwangerschaft
  • Kinder mit Diabetes mellitus Typ 1

Was sind Insulinpumpen, wie funktioniert die Behandlung?

Therapieprinzip
Das Therapieprinzip mit der Insulinpumpe entspricht dem der intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT). Alle Regeln der Basis/Bolustherapie gelten weiter. Aber: Das mehrmalige Spritzen von Insulin täglich entfällt, statt dessen liegt die Kanüle eines Infusionssets subkutan in der Haut, die 2-3 Tage gewechselt wird. Durch ständige Insulinabgabe, die Basalrate, wird der Grundbedarf an Insulin abgedeckt und das für die Mahlzeiten erforderliche Insulin wird über einen Bolus per Knopfdruck abgerufen. In der Insulinpumpe befindet sich nur kurz wirksames Insulin. Für die Insulinpumpentherapie ist die Überlegenheit von Insulinanaloga über Normalinsulin nachgewiesen. Die Absorption von Verzögerungsinsulin schwankt sehr stark. Es wurden Variationen zwischen 3% und 52 % gemessen. Absorptionsschwankungen des Insulins sind bei Insulinpumpen viel geringer. Die Abgabe des Basalinsulins ist frei programmierbar und kann dem persönlichen Bedarf angepasst werden. Der Bolus muss nicht in einer Dosis abgegeben werden, sondern es können unterschiedliche Formen der Bolusabgabe eingegeben werden, zum Beispiel ein verzögerter Bolus bei fettreichen Mahlzeiten, bei dem initial 2/3 des Insulins und der Rest nach einer programmierbaren Verzögerungszeit abgegeben wird. Bei geringerem Bedarf kann das Basisinsulin kurzfristig reduziert werden.

Basalrate
Die Basalrate d. h. die Verteilung des Insulins über 24 Stunden ist häufig nicht konstant, sondern hat einen zirkadianen Rhythmus. In den frühen Morgenstunden ist aufgrund der Insulinresistenz der Insulinbedarf am höchsten, bleibt dann den Tag über konstant und in den Abendstunden erhöht sich der Insulinbedarf wieder leicht. Die Verteilung entspricht ungefähr dem unten abgebildeten Basalrateschema.
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Diese zirkadiane Verteilung wurde von dem Diabetologen Renner in seinem sogenannten Renner Schieber hinterlegt. Die zirkadiane Verteilung ändert sich im Laufe des Lebens. Bei lang bestehendem Diabetes nähert sich die zirkadiane Verteilung immer mehr einem konstanten Bedarf über 24 Stunden an.

Zur Umstellung von einer ICT auf eine Insulinpumpentherapie werden die bisherigen Einheiten des Basalinsulins um 30 % reduziert. Diese Gesamtinsulinmenge wird dann entsprechend dem Renner-Schema in die Pumpe einprogrammiert. Dieses Schema passt sehr häufig und kann durch Basalratetests angepasst werden. Basalratetests sind heute nur noch selten notwendig, da überwiegend in Kombination mit einer Pumpe ein CGMS (kontinuierliches Glukose Messsystem) verwendet wird. Damit lässt sich die Basalrate einfach anpassen und insbesondere in der Nacht werden Unterzuckerungen leicht erkannt. Durch die Vielzahl der Tagesprofile lässt sich an diesen überwiegend entscheiden, ob die Basalrate falsch ist oder die Bolusabgabe. Der Verzicht auf eine Mahlzeit zur Festlegung der Basalrate ist daher häufig nicht mehr notwendig. Es gibt Fälle in denen dieses Vorgehen zur exakten Festlegung der Basalrate immer noch sinnvoll ist. Bei closed-loop Systemen steuert der Sensor die Abgabe des Basalinsulins der Pumpe. Der Algorithmus von closed-loop Systemen passt die initial eingegebene Basalrate automatisch an den tatsächlichen Bedarf an.

Die Basalrate kann je nach Bedarf angehoben oder abgesenkt werden. Somit kann einem veränderten Grundbedarf an Insulin, z.B. Verminderung durch sportliche Aktivität oder erhöhter Insulinbedarf durch akute Erkrankung Rechnung getragen werden. Bei closed-loop Systemen wird die Basalrate automatisch über die Blutzuckermessungen angepasst.

Der Bolus bringts
Eine Insulinpumpe hat auch den Vorteil die Bolusabgabe zu variieren. Die Bolusabgabe kann in Form eines normalen Bolus, als dualer Bolus oder als verlängerter Bolus erfolgen. Bei langsam anflutenden Kohlenhydraten, z.B. in Kombination mit einer fettreichen Mahlzeit kann ein sog. verzögerten Bolus abgegeben werden, bei dem ein Teil des Bolusinsulines sofort und ein anderer Teil über einen definierten Zeitraum von z.B. zwei oder drei Stunden abgegeben wird.

Insulinpumpen bieten heute auch einen Bolusrechner, mit dem anhand der vorher einzugebenden Therapieregeln für einen gemessenen Blutzuckerwert und eine gewünschte Kohlenhydratzufuhrmenge ein Insulinbolusvorschlag errechnet wird. Dieser Bolusvorschlag berücksichtigt auch noch die Wirkdauer eines vorangegangenen Insulinbolus und verhindert Insulinüberdosierungen.

In einem modernen closed-loop System wird die Insulinpumpe nur noch über die Menge der Kohlenhydrate informiert. Sie berechnet den Insulinbolus und gleicht Schwankungen des Insulinbedarf über Anpassung des Basalinsulins aus. Je nach verwendetem Sensor sind Blutzuckermessungen nicht mehr notwendig und bei einigen Systemen auch keine Blutzuckermessungen zur Kalibrierung des Sensors.

Mit dem Computer sprechen
Sämtliche Insulinpumpen verfügen über ein intelligentes Datenmanagementsystem, das über Schnittstellen ermöglicht, Therapiedaten und Basalrate auf einem externen Computer auszulesen und auszuwerten.

Der Sensor schafft Durchblick
Einige Insulinpumpen sind mit einem Glucosesensor ( CGM –System/ continuous glucose monotoring – system) kombinierbar, so dass die Pumpe gleichzeitig als Empfangsgerät für den gelegten Glucosesensor dient. Diese Therapie heißt sensorunterstützte Pumpentherapie (SUP). Bei manchen Geräten wird im Falle einer Unterzuckerung die Basalrate automatisch über einen definierten Zeitraum gestoppt werden, um eine Vertiefung der Unterzuckerung durch unbeabsichtigte weitere Insulinzufuhr zu verhindern (z.B. nachts). Bei moderneren Pumpen wird nicht nur die Basalrate gestoppt um Unterzuckerungen zu vermeiden, sondern sie passen auch Schwankungen des Insulinbedarf nach oben und unten an.

Die sensorunterstützte Pumpentherapie bietet die Möglichkeit einer höheren Therapiesicherheit, da bei Überschreiten oder Unterschreiten voreingestellter Grenzwerte der/ die Patient/in über Alarme gewarnt wird. Somit hat der Pumpenträger die Möglichkeit, eine Stoffwechselentgleisung früher zu erkennen und kann somit früher gegenregulieren. In der Folge resultiert eine stabilere Stoffwechseleinstellung.

Patch-Pumpe oder Schlauchpumpe?
Die meisten Insulinpumpen verwenden ein Infusionsset, das die Pumpe über einen Schlauch mit dem Körper verbindet. Es gibt auch Insulin-Patch-Pumpen, bei denen Insulinpumpe und Infusionsnadel eine Einheit bilden – der Schlauch entfällt. Diese Pumpe wird auf die Haut geklebt und über ein externes Steuergerät bedient.

Wie finde ich die richtige Insulinpumpe?
Nachdem die Entscheidung für eine Insulinpumpentherapie gefällt wurde, stellt sich die Frage mit welcher Insulinpumpe die Behandlung durchgeführt werden sollte. Um zu einer Entscheidung zu kommen gibt es unterschiedliche Kriterien:

* Der tägliche Insulinbedarf
Die kleinste Ampulle fasst 160 Einheiten Insulin, die größte 315 Einheiten. Ist der tägliche Insulinbedarf hoch, sollte eine Insulinpumpe mit einem großen Fassungsvermögen der Ampulle gewählt werden.

* Wie viele Basalraten-Profile werden benötigt?
Hier liegt die Spanne zwischen 2 und 8 programmieren Basalratenprofilen. Personen mit stark wechselnden Unterschieden im Tagesverlauf und körperlicher Aktivität benötigen mehrere Basalraten-Profile, um schnell wechseln können. Insbesondere Personen mit hoher Insulinsensitivität haben einen stark, wechselnden Insulinbedarf und es sollten viele Basalraten programmierbar sein.

* Temporäre Basalraten-Senkung/Erhöhung
Um flexibel in der Lebensgestaltung zu sein, sollte die Insulinpumpe über eine temporäre Basalratenabsenkung bzw. -erhöhung verfügen. In Phasen körperliche Aktivität kann die Basalrate in Prozentschritten für einen bestimmten Zeitraum abgesenkt werden. Umgekehrt kann in Phasen der Ruhe eine höhere Basalrate notwendig sein. Die Insulinumpen haben daher die Möglichkeit die Basalrate für einen bestimmten Zeitraum von 0% bis ungefähr 200 % zu senken oder zu erhöhen.

* Insulinpumpentherapie für Kinder
Nicht alle Insulinpumpen sind für Kinder zugelassen. Kinder benötigen weniger Insulin und haben eine hohe Insulinempfindlichkeit. Außerdem gibt es bei Kindern enorme Unterschiede im Tagesablauf die eine schnelle Anpassung der Basalratenprofile erfordert. Die Pumpe sollte daher kleine Basalraten abgeben können.

Systeme zur Automatischen Insulin Dosierung (“Semi-Closed-Loop-Systeme”)
Einige der CGM Systeme lassen sich mit einer Insulinpumpe koppeln. Diese Systeme führen zu einer deutlich stabileren Stoffwechsellage. Initial konnten die Systeme lediglich bei Gefahr der Unterzuckerung die Basalrate reduzieren oder abschalten. Die modernen Systeme passen nicht nur die Basalrate an, sondern korrigieren zu hohe oder zu niedrige Blutzuckerwerte. Diese Korrekturen sind natürlich nur möglich, wenn die Abweichungen nicht zu stark sind. Die Systeme sind mit einer Alarmfunktion ausgestattet, welche die Nutzer vor zu hohen oder zu niedlichen Blutzuckerwerten warnt.

Hier finden Sie einen Überblick über die aktuellen Insulinpumpen, AID- und CGM-Systeme zum Herunterladen.

Mit Klick auf das Bild können Sie die Übersicht herunterladen:

Übersichtstabelle Insulinpumpen

Übersichtstabelle rtCGM-Systeme

Übersichtstabelle AID-Systeme

Hier auf diabetes-news informieren wir Sie aktuell über neue Insulinpumpen, CGM- und AID-Systeme.

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