Wer sollte den Blutzucker messen und wie oft?
Auf Grund der Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien und der Erfahrung wird die Blutzuckerselbstkontrolle (SMBG) empfohlen bei Menschen mit Diabetes mit unterschiedlichen medikamentösen Therapieformen:- orale Therapie
- Bedtime-Insulingabe
- basal unterstützte orale Therapie (BOT)
- konventionelle Insulintherapie (CT)
- intensivierte Insulintherapie (ICT)
- Insulinpumpentherapie (CSII)
Besonders indiziert ist die Blutzuckerselbstkontrolle bei Einnahme von Medikamenten, welche zu Hypoglykämien führen können. Speziell betrifft das alle Insuline, sowie Sulfonylharnstoffe und Glinide bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Generell unterstützend wirkt die Blutzuckerselbstkontrolle bei allen Formen einer flexiblen Insulintherapie (ICT, CSII, Supplementäre Insulintherapie – SIT), weil die Injektion von Mahlzeiteninsulin den Test der Blutglukose vor dem Essen und die entsprechende Anpassung der Insulindosis an den aktuellen Blutglukosewert und die Kohlenhydratportion erfordern.
Die Blutzuckerselbstkontrolle bei Typ-2-Diabetes ohne Insulin
Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes, eingestellt mit nicht-insulinotropen oralen Antidiabetika, ist die Blutzuckerselbstkontrolle besonders in der Einstellungsphase erforderlich. Ist die Einstellung dann stabil, sind ab und zu durchgeführte Messungen zur Gewinnung eines Überblicks über die aktuelle Stoffwechselsituation sinnvoll. Weiterhin sind Messungen in Ausnahmesituationen wie Krankheit, langen Autofahrten, Ernährungsumstellung oder sportlicher Aktivität für alle Menschen mit Diabetes zu empfehlen. Patienten mit Typ-2-Diabetes, die diätetisch eingestellt sind, können gelegentliche Messungen ebenfalls zum Überblick durchführen.Zu beachten ist allerdings, dass bei nicht insulinpflichtigen Patienten mit Diabetes mellitus Typ-2 die Kosten für Blutglukoseteststreifen nur in Ausnahmefällen und auch nur eingeschränkt übernommen werden. Demnach sollen nur bei instabiler Stoffwechsellage, bei Ersteinstellung oder bei Therapieumstellung mit hohem Hypoglykämierisiko pro Behandlungssituation maximal 50 Teststreifen pro Quartal verordnungsfähig bleiben.
Wie häufig sollte der Blutglukose gemessen werden
Die Häufigkeit der Blutzuckerselbstkontrolle richtet sich ebenfalls nach der durchgeführten Therapieform und betrifft dabei Patienten, welche kein kontinuierliches Glukosemonitoring (CGM) zur Therapieunterstützung bzw. sogar zur Therapiesteuerung (bei AID-Systemen, AID – Automated Insulin Delivery) nutzen. Diese Patienten müssen gelegentlich eine Blutglukosemessung durchführen, um die angezeigten CGM-Glukosewerte zu verifizieren, ggf. auch um das CGM-System zu kalibrieren (falls das bei dem verwendeten CGM möglich ist). Die Praxisleitlinien der DDG/AGDT geben dazu detailliert Auskunft [1].Die Blutzuckerselbstkontrolle bei ICT und Insulinpumpentherapie
Menschen mit Typ-1-Diabetes, behandelt mit der intensivierten-konventionellen Insulintherapie (ICT), sollten mindestens 4-mal täglich (präprandial und vor dem Schlafengehen), sowie alle 2-3 Wochen auch während der Nacht ihre Blutglukose bestimmen.Bei Anwendung einer Insulinpumpentherapie (CSII) sind zusätzliche Messungen zur Überprüfung des Insulinabgabesystems notwendig, weil das Risiko für die Entwicklung einer schweren Hyperglykämie/diabetischen Ketoazidose aufgrund der ausschließlichen Verwendung von kurzwirksamem Insulin erhöht ist. Hinzu kommen gegebenenfalls Messungen in besonderen Situationen, z. B. zur Überprüfung von Mahlzeitenwirkungen, bei Verdacht einer sich entwickelnden oder bestehenden Hypoglykämie, bei Sport, Krankheit, Urlaub etc.
Dabei entsteht ein durchschnittlicher Bedarf an Glukoseteststreifen für die Blutzuckerselbstkontrolle von mindestens 5 pro Tag. Weiter erhöhte Teststreifenverordnungen sind notwendig bei
- Patienten mit Hypglykämiewahrnehmungsstörungen (≥800 Teststreifen/Quartal)
- Kinder, insbesondere im Kleinkindalter, die sich selbst nicht verlässlich zu Symptomen von Hypo- oder Hyperglykämien äußern können. In der Regel erhalten diese deshalb bereits bei Manifestation ein CGM-System. Bei Kindern unter zwei Jahren muss das CGM-System mehrfach täglich kalibriert werden, was vermehrt Teststreifen erfordert.
Der tägliche Teststreifenbedarf beträgt hier mindestens 4-5 Stück; das entspricht pro Quartal mindestens 500 Teststreifen. Wenden diese Patienten eine CT- oder BOT-Therapie an, sind mindestens 2 Messungen pro Tag notwendig, was einen Quartalsbedarf von mindestens 200 Teststreifen ausmacht.
Auch Menschen mit Typ-2-Diabetes und einer Therapie mit insulinotropen oralen Antidiabetika (Sulfonylharnstoffe, Glinide) benötigen Teststreifen zum Erkennen von Hypoglykämien. Die Erfahrung von Diabetologen zeigt einem Teststreifenbedarf pro Quartal von mindestens 50 Stück an. Erfolgt die Therapie mit oralen Antidiabetika ohne insulinotrope Wirkung bzw. mit GLP-1 oder dualen GLP-1/GIP-Rezeptoragonisten, so ist die Versorgung mit mindestens 50 Teststreifen pro Quartal bei Manifestation, zu Schulungszwecken oder bei Nichterreichen der Therapieziele sinnvoll.
Schwangere mit einem vorbestehenden Typ-1- oder Typ-2-Diabetes benötigen mindestens 700 Teststreifen pro Quartal, weil sie täglich prä- und postprandiale Glukosemessungen durchführen sollen, also damit mindestens 7 Teststreifen pro Tag benötigen. Frauen mit einem Gestationsdiabetes sollten immer den Nüchtern-Blutglukosewert und 2-3-mal pro Woche auch den postprandialen Glukosewert messen. Bei Insulinpflichtigkeit sollen diese Frauen regelmäßige prä- und postprandiale Glukosemessungen durchführen; dies führt wie bei vorbestehendem Diabetes zu einem Bedarf von mindestens 7 Teststreifen pro Tag.
Literatur:
[1] Schlüter S, Deiss D, Gehr B, Lange K, von Sengbusch S, Thomas A, Ziegler R, Freckmann G. Glukosemessung und -kontrolle bei Patienten mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes. Diabetol. und Stoffwechsel 2023; 18 (Suppl 2): S114-S135. DOI 10.1055/a-2075-9968.
Kategorisiert in: Selbstkontrolle
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