Die kontinuierliche Glukosemessung (rtCGM)

Bild: Medtronic

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rtCGM entwickelte sich in den letzten 15 Jahren zu einem Eckpfeiler des Diabetesmanagements. Anfang 2025 tragen weltweit ca. 10 Millionen Patienten ein CGM [1]. Der Gesamtumsatz betrug 2024 ca. 10 Milliarden $US und ist stark steigend (zum Vergleich: SMBG ca. 1,7. Milliarden $US, fortwährend leicht fallend) [1]. Die CGM-Systeme können dabei entweder als sogenannte „Stand-alone“-Geräte genutzt werden, z. B. bei Patienten mit ICT („Sensorunterstützte Therapie“; SuT), oder in Kombination mit einer Insulinpumpe, sowohl ohne automatisierte Insulinabgabe (mit oder auch ohne Hypoglykämieabschaltung; „Sensorunterstützte Pumpentherapie“; SuP) oder mit automatisierter Insulinabgabe (AID-System; Automatisierte Insulin Dosierung). Mittlerweile sind mehrere AID-Systeme unterschiedlicher Hersteller auf dem Markt verfügbar, bei denen neben der basalen Insulinabgabe auch die Korrekturboli im Fall erhöhter Glukosewerte automatisch abgegeben werden (Advanced Hybrid AID-Systeme).

Was leistet ein System zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM)?

Obwohl es sich bei CGM zunächst nur um eine Messmethode handelt, revolutionierte diese das Diabetesmanagement und die Diabetestherapie in einem hohen Maße. Eine entscheidende Voraussetzung dazu war die Gewährleistung einer ausreichenden Messgenauigkeit. Am Anfang stand allerdings im Vordergrund, detaillierte Einblicke in die Glukoseregulation zu erhalten. Dies war unter der punktuellen Blutzuckermessung (SMBG) nur bedingt möglich, denn selbst 7 und mehr Blutglukosemessungen am Tag konnten kein vollständiges Bild ergeben.

Ebenfalls im sofortigen Interesse stand die Beurteilung der Stoffwechseleinstellung, vor allem aber die Vermeidung von Hypoglykämien. Unter der punktuellen Blutzuckermessung kann man diese nur bedingt richtig beurteilen. Falls der Patient nicht zufällig tiefe Glukosewerte misst, setzt der Nachweis einer Hypoglykämie voraus, dass er diese bemerkt, die Hypoglykämie also symptomatisch ist. Ob er mit der punktuellen Blutzuckerselbstkontrolle den tiefsten Wert ermittelt, ist dabei nicht sicher. Auch die Dauer und damit die Intensität der Hypoglykämie ist mit der punktuellen Messung schwer zu beurteilen.

Durch CGM ist das aber absolut möglich, denn anhand des Glukoseverlaufs sind die Tiefe und die Dauer der Hypoglykämie sichtbar. Außerdem kann der Einsatz von CGM helfen, Hypoglykämien zu verhindern. Neben der auf dem Display sichtbaren Entwicklung der Komplikation kann mit Hilfe von Voralarmen (Warnmeldungen) vor einer sich abzeichnenden Hypoglykämie gewarnt werden. Zusätzlich helfen Alarme mit anderen Alarmtönen, auf diese aufmerksam zu machen. Folgerichtig wurde in der Vermeidung von Hypoglykämien ein wesentliches Einsatzfeld von rtCGM gesehen. Zahlreiche Studien belegen den Erfolg davon (HypoDE-Studie [2], IN-CONTROL Studie [3], GOLD-Studie [4] usw.).

Diese Daten stellt ein System zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) bereit

CGM liefert eine Reihe von Glukosedaten, die eine umfassendere Beurteilung der Glukoseregulation zulassen, als durch die punktuelle Blutglukosemessung und den Langzeitglukosewert HbA1c allein. Letzterer ist zwar nach wie vor ein Goldstandard, um den Erfolg einer Therapie zu beurteilen, hat aber gewisse Nachteile: Nur Beurteilung der mittleren Glukose über einen Zeitraum von 2-3 Monaten; Glukoseschwankungen sind nicht nachweisbar; es existieren eine Reihe von Einflüssen (z.B. Erkrankungen, verschiedene Medikamente). Die durch CGM erzeugten Daten erweitern somit wesentlich die Möglichkeiten der Therapiebeurteilung und -optimierung.

Zu den Daten aus CGM-Profilen gehören:

  • der die Gesamtheit aller Glukosewerte berücksichtigende Mittelwert der Glukosekonzentration und dessen Standardabweichung
  • die Beurteilung von Glukoseschwankungen anhand des Variationskoeffizienten (man teilt die Standardabweichung durch den Mittelwert der Glukosekonzentration und nimmt das mal 100%)
  • die verbrachte Zeit pro Tag in definierten Glukosebereichen:
    – Zeit im Zielbereich (TiR: „Time in Range“): 70-180 mg/dl (3,9-10,0 mmol/l)
    – Zeit im Glukosebereich („Time below Range“; TBR) < 70 mg/dl (3,9 mmol/l)
    – Zeit im Glukosebereich („Time above Range“; TAR) > 180 mg/dl (10,0 mmol/l)
  • die Anzahl an Glukoseauslenkungen/Tag in den Glukosebereich < 70 mg/dl (3,9 mmol/l) (Rate an Hypoglykämien)
  • die Anzahl an Glukoseauslenkungen/Tag in den Glukosebereich > 180 mg/dl (10,0 mmol/l) (Rate an Hyperglykämien).
  • Diese Parameter sind direkt den CGM-Kurven zu entnehmen, die entstehen, wenn das CGM mit einer entsprechenden Software ausgelesen wird.

    Als einer der wichtigsten, hier aufgeführten Parameter hat sich der Anteil der Zeit im Glukosezielbereich von 70-180 mg/dl (3,9-10,0 mmol/l), die sogenannte „Time in Range“ etabliert [5]. Diese zeigt neben dem HbA1c-Wert den Erfolg der durchgeführten Therapie. Dazu leitete eine internationale Expertengruppe Empfehlungen für eine optimale Diabeteseinstellung ab, der eine Vielzahl von Studien für verschiedene Patientengruppen zugrunde liegen. Diese Richtwerte sind in Tabelle. SK 1 zusammengefasst.

    Tabelle SK 1: Richtwerte anhand von CGM-Daten für verschiedene Gruppen von Menschen mit Diabetes nach den Empfehlungen einer internationalen Expertengruppe [5] (∆ – genaue Anteile der Zeit wurden nicht festgelegt; weitere Forschung ist nötig).

    Entwicklung von Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM)

    Das erste CGM-System wurde 1999 in den Markt eingeführt (CGMS der Firma MiniMed). Zunächst handelte es sich dabei um ein verblindetes CGM-System, d.h. die Glukosedaten wurden erst nach Ablegen des Glukosesensors und dem Herunterladen der Daten in eine Software sichtbar. Damit diente verblindetes CGM ausschließlich diagnostischen Zwecken.

    2004 wurde dann das erste System mit Anzeige der aktuellen Glukosewerte (Guardian RT der Firma MiniMed) für die Patienten verfügbar (es gab 2002 mit dem GlucoWatch Biographer der Firma Cygnus schon einmal ein CGM mit Anzeige der Glukosewerte, welches sich aber im Markt nicht durchsetzen konnte). CGM-Systeme mit aktuell sichtbaren Glukosewerten werden als Real-Time CGM (rtCGM) bezeichnet. Damit wurde ein Wunsch der Patienten wahr, den Glukoseverlauf fortlaufend gemessen zu bekommen und dabei neben dem Glukosewert auch den Glukosetrend beobachten zu können.

    Seit Herbst des Jahres 2016 werden die Kosten für CGM-Systeme bei entsprechender Indikation auch von den Krankenkassen in Deutschland übernommen. [6].

    Literatur:

    [1] Kelly Close Report 21.01.2025
    [2] Heinemann L, Freckmann G, Ehrmann D, Faber-Heinemann G, Guerra S, Waldenmaier D, Hermanns N. Real-time continuous glucose monitoring in adults with type 1 diabetes and impaired hypoglycaemia awareness or severe hypoglycaemia treated with multiple daily insulin injections (HypoDE): a multicentre, randomised controlled trial. Lancet 2018;391:1367–1377.
    [3] van Beers CA, DeVries JH, Kleijer SJ, et al. Continuous glucose monitoring for patients with type 1 diabetes and impaired awareness of hypoglycaemia (IN CONTROL): a randomised, open-label, crossover trial. Lancet Diabetes Endocrinol 2016;4:893-902.
    [4] Lind M, Polonsky W, Hirsch IB, Heise T, Bolinder J, Dahlqvist S, Schwarz E, Ólafsdóttir AF, Frid A, Wedel H, Ahlén E, Nyström T, Hellman J. Continuous Glucose Monitoring vs Conventional Therapy for Glycemic Control in Adults With Type 1 Diabetes Treated With Multiple Daily Insulin Injections: The GOLD Randomized Clinical Trial. JAMA. 2017 Jan 24;317(4):379-387
    [5] Battelino T, Danne T, Bergenstal RM, et.al. Klinische Zielwerte für die Interpretation von Daten des kontinuierlichen Glukosemonitorings: Empfehlungen zur Time in Range (Zeit im Zielbereich) der internationalen Konsensusgruppe. Diabetes Care. 2019;42(8):1593-1603.
    [6] Bundesministerium für Gesundheit: Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgeräten (rtCGM) zur Therapiesteuerung bei Patientinnen und Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus vom 16. Juni 2016. Bundesanzeiger, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, vom 6. September 2016. https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2623/2016-06-16_MVV-RL_rtCGM_BAnz.pdf?msclkid=ddce3b8ad03111ec9258e12d62f0496e. Letzter Zugriff: 17.03.2025.

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