Kein Calcineurin, keine Adipositas

Bild: Mirko Raatz
Forscher des Helmholtz Zentrums in München haben einen wichtigen Stoffwechsel-Mechanismus entschlüsselt, der die Entstehung von starkem Übergewicht erklären und zukünftig eine Behandlung ermöglichen könnte. Das Protein Calcineurin spielt hier eine zentrale Rolle.

 Schlankere Mäuse dank Calcineurin-Defekt

Eine schöne Vorstellung: Essen ohne dick zu werden. Zumindest bei Fliegen und Mäusen hat das im experimentellen Stadium* jetzt geklappt, wie das Helmholz Zentrum München in einer Presseinformation vom 30. September 2015 berichtet. Wissenschaftler haben entdeckt, dass Fliegen, die kein Calcineurin produzieren können, trotz kalorienreicher Nahrung ein geringeres Gewicht und geringere Fettspeicher sowie eine erhöhte Stoffwechselrate aufwiesen. Sie übertrugen diese Erkenntnisse auf Mäuse. Hier hemmten sie die Bildung von Calcineurin durch eine medikamentöse Behandlung – und beobachteten einen ähnlichen Effekt: Die behandelten Mäuse waren trotz fettreicher Nahrung vor Übergewicht geschützt und zeigten einen erhöhten Kalorienverbrauch.

Auf den Menschen übertragbar?

Das Protein Calcineurin spielt im Stoffwechsel eine wichtige Rolle: Es ist an der Umwandlung der Nahrung in Energie beteiligt. Eine Unterdrückung von Calcineurin führt zu einer Verbesserung des Energie- und Glukosehaushalts im gesamten Körper. Auch wenn sich die im Mausmodell gewonnen Erkenntnisse nicht einfach auf den Menschen übertragen lassen, ist der Ansatz spannend, denn: „Ein evolutionär so hoch konservierter Mechanismus zur Kontrolle des Stoffwechsels in Fliegen und Mäusen lässt vermuten, dass Calcineurin auch im Menschen eine ähnliche Rolle spielt“, erklärt Dr. Paul Pfluger, vom Institut für Diabetes und Adipositas (IDO), der das Team aus Kollegen des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und für Diabetesforschung (DZD) und Wissenschaftlern aus den USA leitete. „Es würde also naheliegen, die Funktion von Calcineurin medikamentös zu unterbinden, um Fettsucht zu behandeln.”

Problem: Starke Nebenwirkungen

Ganz so einfach ist das allerdings nicht. Zwar ist das im Experiment eingesetzte Molekül Tacrolismus bereits für die Behandlung am Menschen zu gelassen – es wird hoch dosiert eingesetzt, um eine Abstoßungsreaktion nach Gewebstransplantationen zu verhindern. Allerdings ist die Gabe mit zahlreichen Nebenwirkungen verbunden. Die Wissenschaftler wollen nun die Effekte einer niedrigdosierten Tacrolismus-Behandlung bei adipösen Menschen untersuchen. Dies wäre ein neuer Ansatz zur Behandlung von Adipositas. Adipositas ist die medizinische Bezeichnung für starkes Übergewicht oder „Fettsucht“ bei einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30kg/m2.

  * Pfluger, P. et al. (2015). Calcineurin Links Mitochondrial Elongation with Energy Metabolism, Cell Metabolism, DOI: 10.1016/j.cmet.2015.08.022

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