Akute und langfristige Behandlung der Gicht

Lesen Sie hier, welche Medikamente und Therapien bei einem akuten Gichtanfall sowie zur langfristigen Senkung der Harnsäure infrage kommen.

Behandlung des akuten Gichtanfalls

1. Sofortige medikamentöse Therapie

Ziel: Entzündung stoppen, Schmerz lindern.

a) NSAR (Nichtsteroidale Antirheumatika)
Beispiele: Ibuprofen, Naproxen, Diclofenac, Indometacin
Wirkung: Entzündungshemmend, schmerzlindernd
Dosierungsprinzipien:
  • Schnell beginnen, möglichst innerhalb der ersten 24 Stunden
  • Kurzfristig höhere entzündungshemmende Dosierungen, anschließend rasch reduzieren
  • Nicht geeignet bei: Magenproblemen, Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz

b) Colchicin
Wirkung: Hemmt die Gichtkristall-Entzündungsreaktion
Dosierungsprinzipien:
  • Heute niedrige Dosierung statt früher hoher Stoß-Dosen
  • Zu Beginn des Anfalls einnehmen → Wirksamkeit am besten
  • Vorsicht bei Niereninsuffizienz, Lebererkrankungen und bestimmten Medikamenten (z. B. Makrolid-Antibiotika)

c) Kortison (Glukokortikoide)
Beispiele: Prednisolon
Wirkung: Sehr stark entzündungshemmend
Dosierungsprinzipien:
  • Kurzzeitig hohe Entzündungsdosis, dann zügiges Ausschleichen
  • Besonders geeignet, wenn NSAR oder Colchicin nicht möglich sind
  • Auch Injektion direkt ins Gelenk möglich (sehr wirksam bei Monogelenkbefall)

d) IL-1-Blocker (bei schweren Fällen)
Beispiel: Anakinra (seltener, Off-Label, Klinik)
Dosierungsprinzipien:
  • Einsatz nur bei schweren, therapieresistenten oder kontraindizierten Fällen
  • Tägliche Injektion über wenige Tage

Wichtig beim Akutanfall
  • Keine neue harnsäuresenkende Therapie beginnen
  • Bereits begonnene Harnsäuresenker nicht absetzen

Formen der Medikamente:
  • Tabletten (z. B. Prednisolon)
  • Injektion direkt ins Gelenk (intraartikulär) → sehr wirksam bei Einzelgelenk
Sehr effektiv, schnelle Schmerzlinderung

2. Physikalische Maßnahmen

  • Gelenk kühlen (Eispackungen, 10–20 Min.)
  • Hochlagern
  • Gelenk schonen
  • Viel trinken

3. Was man im akuten Anfall tun sollte

  • Keine harnsäuresenkenden Medikamente neu beginnen → kann den Anfall verstärken
  • Allopurinol nicht plötzlich absetzen, wenn man es bereits nimmt
  • Kein Alkohol
  • Kein purinreiches Essen
  • Keine intensive körperliche Belastung

4. Wann ärztliche Abklärung wichtig ist
  • Erster Gichtanfall überhaupt
  • Unsichere Diagnose (könnte auch Gelenkinfektion sein → gefährlich!)
  • Fieber oder schlechtes Allgemeinbefinden
  • Anfälle werden häufiger
  • Mehrere Gelenke betroffen
  • Patienten mit Nierenproblemen, Herzinsuffizienz oder Diabetes

5. Weitere unterstützende Maßnahmen
  • 2–3 Liter Wasser/Tag
  • Leichtes, purinarmes Essen
  • Alkohol komplett vermeiden
  • Kirschsaft oder Kirschen können Entzündungen mildern (modern gut belegt)

6. Die Anfallshäufigkeit dauerhaft reduzieren
Nachdem der akute Anfall abgeklungen ist:
  • Harnsäuresenkung (z. B. Allopurinol, Febuxostat)
  • Ernährungsumstellung (purinarm, wenig Zucker, wenig Alkohol)
  • Gewichtsreduktion (langsam!)
  • Auslöser meiden (Diuretika, Bier, Fleischbrühen etc.)

Medikamente zur langfristigen Harnsäuresenkung

Diese Medikamente verhindern zukünftige Gichtanfälle, senken dauerhaft den Harnsäurespiegel und lösen Kristalle im Gewebe auf:

a) Allopurinol (1. Wahl)
Wirkung: Hemmt die Harnsäurebildung (Xanthinoxidase-Hemmer)
Dosierungsprinzipien:
  • Start niedrig, dann langsame Steigerung alle 2–4 Wochen
  • Dosis abhängig vom Zielwert (<6 mg/dl bzw. <5 mg/dl bei tophöser Gicht)
  • Anpassung bei Nierenschwäche nötig

b) Febuxostat
Wirkung: Ebenfalls Xanthinoxidase-Hemmer
Dosierungsprinzipien:
  • Start in niedriger Standarddosis
  • Wirksam auch bei Niereninsuffizienz (meist ohne große Anpassung)
  • Alternative, wenn Allopurinol nicht vertragen wird
  • Vorsicht bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen

c) Urikosurika (Ausscheidungsförderer)
Beispiele: Benzbromaron, Probenecid
Wirkung: Erhöhen die Harnsäureausscheidung über die Niere
Dosierungsprinzipien:
  • Start niedrig, langsame Steigerung
  • Nur geeignet bei guter Nierenfunktion
  • Viel trinken, da Risiko für Nierensteine etwas erhöht

d) Kombinationstherapie
Allopurinol + Probenecid kann erwogen werden, wenn Monotherapie nicht ausreicht.

Begleittherapie beim Start von Allopurinol oder Febuxostat

Da der Beginn der Harnsäuresenkung selbst Gichtanfälle auslösen kann, wird empfohlen:
  • Niedrig dosiertes Colchicin oder
  • NSAR in niedriger Dosis
für mindestens 3–6 Monate zum Schutz vor Anfällen.

Zielwerte bei Gicht/erhöhter Harnsäure

  • Harnsäure < 6 mg/dl
  • Bei tophöser (knotiger) Gicht < 5 mg/dl


Therapieübersichten Gicht – Medikamente & Dosierungsprinzipien





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Dieser Artikel wurde verfasst von Prof. Dr. Klaus Kusterer