Diabetes und Haut
Die Haut und ihre wichtigen Funktionen
Durchschnittlich zwei Quadratmeter Fläche; 1/5 des Körpergewichts; 1/4 des Körperwassers; pro Quadratzentimeter 600.000 Zellen, 1 Meter Blutgefäße und 4 Meter Nervenbahnen –diese Zahlen verdeutlichen: Die Haut ist das größte Organ des Menschen!Sie erfüllt unzählige wichtige Aufgaben. Eine Auswahl:
1) Abgrenzung von Innen und Außen
a. Schutz vor schädlichen äußeren Einwirkungen, z.B. Krankheitserregern und Strahlen oder Druck (Polsterung durch Unterhautfettgewebe)
b. Schutz vor Austrocknung
c. Regulierung des Wärmehaushaltes
2) Kontakt- und Sinnesorgan
a. Schmerz-, Temperatur- und Tastsinn
b. Psychologische Reaktionen – z.B. Erröten bei Scham, Lügendetektor…
Die Diabetes-bedingten Hautveränderungen
- Vier von fünf Menschen mit Diabetes leiden aber unter Hautveränderungen.
- Dadurch entwickeln sich Beschwerden wie raue, juckende und rissige Haut. Die oben genannten Aufgaben kann die Haut nicht mehr erfüllen.
- Folgen sind zum Beispiel Schrunden, Fußpilz und schlecht heilende Wunden.
- Besonders häufig sind die Unterschenkel und Füße betroffen. Die Hautveränderungen und -störungen sind wichtiger Bestandteil des sogenannten diabetischen Fußdyndroms
- Die Ursachen sind vielfältig. Als gesichert – und sich gegenseitig beeinflussend – gelten
Schweißdrüsen und Talkdrüsen arbeiten nicht mehr, weil die versorgenden Nerven geschädigt sind
a) Der Säureschutzmantel der Haut versagt, die Bakterien-Besiedelung der Haut ändert sich, gefährliche Bakterien und Pilze verursachen Infektionen
b) Die Elastizität der Haut läßt nach, Scherkräfte können Risse und Rhagaden bewirken
2) Nervenschädigung
Die Neuropathie (LINK) schädigt sensible (spürende), motorische (Muskel versorgende) und autonome (unbewusst arbeitende) Nerven
a) Reize wie extreme Temperaturen, Scher- und Druckkräfte, Fremdkörper im Schuh usw. werden nicht empfunden (fehlende Schutzreflexe), die Folgen der Schädigung (z.B. Wunden) werden erst spät erkannt und behandelt.
b) Einzelne Muskeln werden nicht mehr versorgt, sie schrumpfen („atrophieren“), verkürzen sich und führen zu Fehlstellungen der Gelenke (z.B. Hammer-Krallen-Zehen)
c) Schweißdrüsen arbeiten nicht mehr, die Steuerung der Wärmeregulation versagt.
3) Durchblutungsstörungen
a) Die Versorgung der Haut mit Sauerstoff und Nährstoffen wird schlecht
b) Fehldurchblutung führt zu eine „Knochenentsalzung“ (Osteoporose) bis hin zu Knochenbrüchen, dadurch noch stärkere Fehlbelastung der Haut
4) Fehlbelastung
a) Fehlstellungen führen zu hohem Druck am falschen Ort und extremen, hautschädigenden Druckspitzen
b) Aufgebrauchtes Unterhautfettgewebe und fehlende Elastizität berauben die Haut ihrer eigenen Schutzmechanismen
Die Folgen der Diabetes-bedingten Hautveränderungen
- Diese Hautveränderungen führen bereits für sich zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen durch Bakterien oder Pilze.
- Besteht darüber hinaus auch eine unzureichende Blutzuckereinstellung werden solche Infektionen deutlich begünstigt und breiten sich rasant aus (man spricht von „Brandbeschleuniger“!), so dass Infektionen nicht nur häufiger sind, sondern auch schwerer verlaufen und schlechter auf eine Behandlung ansprechen.
- Typische bakterielle Entzündungen sind das Erysipel, Furunkel und Abszesse; typische Pilzerkrankungen sind Nagelpilz und Candida-Infektionen v.a. von Hautfalten und Zehenzwischenräumen.
- Bei eingetretener Infektion ist die rechtzeitige fachkundige Therapie entscheidend;
- besser ist aber das Vermeiden solcher Komplikationen durch Prophylaxe, vor allem durch Pflege der Haut der Füße.
- Pflege der Haut
- Ziel der Hautpflege ist das Rückführen von Flüssigkeit und Fett, sowie das Wiederherstellen der Hautbarriere.
- Obwohl die Zusammensetzung der Pflegemittel die Wirksamkeit entscheidend beeinflusst gibt es keine eindeutigen Belege für die Überlegenheit einzelner Produkte. Geeignet sind v.a. milde und PH-neutrale Produkte, bei sehr trockener Haut der Zusatz von Harnstoff (Urea).
- Empfehlenswert ist die Beratung durch erfahrene Profis.
- Fußbäder reinigen und entspannen; sehr wichtig ist aber die Temperatur (wird bei Nervenschaden nicht wahrgenommen! Badethermometer verwenden) und die Dauer (unter fünf Minuten, sonst weicht die Haut auf).
- Die beste Wirkung der Fußpflegemittel wird durch die tägliche Anwendung unmittelbar nach der Hautreinigung, aber nach sorgfältigem Trocknen der Haut erreicht (mit weichem Tuch, auch zwischen den Zehen, nie Trockenfönen!).
- Zudem muss die Haut täglich angeschaut, nach Druckstellen, Wunden, Verfärbungen und Infektionszeichen gesucht werden; auch hier die Zehenzwischenräume nicht vergessen.
- Wenn die selbstständig Fußpflege erschwert oder nicht möglich ist kann der behandelnde Arzt eine „Podologische Behandlung“ verordnen – die Kosten werden dann von der Krankenkasse bezahlt. Podologen sind speziell ausgebildete Fußpfleger/Innen, die die Besonderheiten der Haut und Füße von Menschen mit Diabetes kennen und sachkundig behandeln können. Listen der ortsansässigen Podologen erhalten Sie in der Regel über die zuständige kassenärztliche Vereinigung Ihrer Region.
- Die Hilfsmittel zur Hornhaut- und Nagelpflege dürfen keinesfalls scharf oder spitz sein! Geeignet sind runde abgestumpfte Scheren ohne Spitzen und Bimssteine, ganz ungeeignet alle spitzen Gegenstände und Hornhauthobel.
- Bei umschriebenen Veränderungen wie Hühneraugen, Nagelpilz, starken Verhornungen und Blutergüssen suchen Sie professionelle Hilfe. Bei Wunden und Infektionszeichen sollten Sie ohne Verzögerung ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen!
- Die richtige Schuh- und Einlagenversorgung ist ebenfalls Bestandteil der Prophylaxe und sollte von fachkundigen Ätzten erfolgen. Die genannten Maßnahmen und Regeln zum Schutz Ihrer Haut sollten Bestandteil der Schulung sein. Die regelmäßige Untersuchung der Füße ist ein wichtiger Teil der Quartalsuntersuchungen.
- Abzugrenzen gegenüber den krankheitsbedingten Hautveränderungen und –erkrankungen sind krankheitsbegleittende Hautveränderungen, z.B. die Vitiligo (Weißfleckkrankheit) und Necrobiosis lipoidica (rötliche Erhebungen bevorzugt an den Schienbeinen, die im Verlauf zentral einsingen und größer werden).
- Ausserdem können an den Insulin-Spritzstellen Veränderungen auftreten, die den Wirkeintritt und Dauer des Insulins verändern und die Therapie erschweren!
- Selten handelt es sich um eine Reaktion auf Insulin selbst (Lipodystrophie); viel häufiger sind Fettgewebshypertrophien und Vernarbungen, die durch regelmäßigen Wechsel der Spritzstellen und der Nadel einfach vermieden werden können. Das Anschauen und Betasten der Spritzstellen sollte ebenfalls Bestandteil der Quartalsuntersuchung bei insulinspritzenden Diabetikern sein.
Kategorisiert in: Folgeerkrankungen
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