Mangelnde Selbstkontrollmöglichkeit bei Diabetes Typ 2 ohne Insulin

Wie der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gestern mitteilte, hat das Bundesgesundheitsministerium dem Beschluss des G-BA, die Erstattung der Harn- und Blutzuckerteststreifen bei Diabetes Typ 2 ohne Insulin aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen herauszunehmen, nicht widersprochen. Damit tritt der Beschluss nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger ab 1. Oktober 2011 in Kraft: Teststreifen sind zukünftig nur noch im Ausnahmefall verschreibungsfähig. „Wir sind enttäuscht vom Bundesgesundheitsministerium unter der neuen Leitung von Herrn Bahr“, so heute der Kommentar von Professor Dr. med. Thomas Danne, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und Vorstandsvorsitzender von diabetesDE. „Zusammen mit anderen Verbänden haben sich diabetesDE und der Deutsche Diabetiker Bund sehr stark dafür eingesetzt,  dass dieser Entscheid nicht in Kraft tritt.“ Es herrsche der Eindruck vor, die Entscheidung sei ohne Kenntnis der Auswirkungen für die Patienten im Alltag getroffen worden und es drohe eine Verschlechterung der Versorgung, so Danne weiter. Deshalb stoße sie unisono in der gesamten Diabetologie in Deutschland, bei diabetesDE und den dort organisierten Patienten, Forschern, Vertretern der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe und bei der größten Patientenorganisation, dem Deutschen Diabetiker Bund,  auf Unverständnis, so der Vorsitzende. Von dem Entscheid seien rund  zwei Drittel der Menschen mit Diabetes in Deutschland betroffen, also rund 4,7 Millionen Personen, vorwiegend im Rentenalter. Patienten mit Diabetes Typ 2 würde suggeriert, eine regelmäßige Blutzuckertestung sei für das Krankheitsmanagement „nicht nötig“ – dies sei jedoch ein fatales Signal, kritisiert auch Michaela Berger, Vorstand  diabetesDE und Vorstand des Verbandes der Diabetes- Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD): „Zukünftig soll der Blutzucker nur noch im Ausnahmefall gemessen werden – dabei ist die Blutzuckerkontrolle  viel mehr als ein Mittel zur Krisenintervention. Regelmäßige Kontrolle  stärkt die Selbstverantwortung der Patienten für ihre Erkrankung und für ihren Körper – und sie ist die beste Schadensregulierung im Fall einer drohenden oder bereits eingetretenen Unterzuckerung“, so die erfahrene Diabetesberaterin. „Mit dem Inkrafttreten des neuen Entscheids werden Patienten systematisch „ent“- statt „empowert“. Dieter Möhler, Bundesvorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes, kritisiert: „Wir haben nicht für jeden Alles gefordert, aber für eine individuelle Therapie unserer Patienten halten wir es für unverzichtbar, dass die Therapiefreiheit des Arztes uneingeschränkt bleibt.  Nur so können die Patienten Therapien erhalten, die ihren speziellen Lebens- und Arbeitssituationen entsprechen“, so Möhler. Diabetes Typ 2 ohne Teststreifen sei wie Fahren ohne Führerschein – Patienten hätten nun keinerlei Rückmeldung mehr, wie sich ihre Lebensführung auf die Höhe ihres Blutzuckerspiegels und damit langfristig auf die Entstehung von Folgekrankheiten auswirkte, so der Bundesvorsitzende.

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