DIY-Lösungen bei Diabetes: So können Behandler unterstützen

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“We are not waiting!” Dies sagen immer mehr technisch-interessierte Menschen mit Typ-1-Diabetes, die sich selbst eine Softwarelösung programmieren, um ihren Glukosespiegel automatisch zu regulieren. Internationale Expertinnen und Experten haben nun einen Leitfaden mit Empfehlungen entwickelt, wie Angehörige der Gesundheitsberufe diese Menschen mit DIY-Lösungen bei Diabetes unterstützen können.

(20.03.2022) Die Zulassung neuer Medizinprodukte dauert in der Regel sehr lange, deshalb hinken sie den aktuellen technischen Möglichkeiten oft Jahre hinterher,” erklärt Dr. Katharina Braune, Sprecherin des BIH Charité Digital Clinician Scientist Programms. Gemeinsam mit 48 internationalen Expertinnen und Experten aus Medizin und Recht hat die Kinderärztin an der Charité Berlin ein Konsenspapier zu DIY-AID-Systemen entwickelt, das im Januar in der Fachzeitschrift Lancet Diabetes & Endocrinology erschienen ist*. Es richtet sich an Angehörige der Gesundheitsberufe, die vor der schwierigen Frage stehen, wie sie Menschen medizinisch betreuen können, die diese nicht-zugelassenen Systeme nutzen. Das Konsenspapier gibt ihnen Empfehlungen und zeigt auch: DIY-Lösungen sind sicher.

AID-System im Eigenbau

AID-Systeme werden auch Closed-Loop-Systeme zur Insulinversorgung genannt und in der Therapie von Menschen mit Typ-1-Diabetes eingesetzt. Diese müssen regelmäßig ihren Blutzucker selbst kontrollieren und Insulin nach Bedarf zuführen. AID steht für “Automatische Insulin Dosierung”. Ein solches System kombiniert eine Insulinpumpe mit einem System zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM). Zusätzlich wird ein Steueralgorithmus hinzugefügt, der sich z. B. auf einem Smartphone befindet. Er berechnet die benötigte Insulindosis auf Basis der gemessenen Gluosewerte und steuert die Abgabe des Insulins über die Insulinpumpe. Nutzer eines DIY-Systems programmieren den Steueralgorithmus individuell für sich selbst und nutzen vorhandene Insulinpumpen sowie  CGM-Systeme. Ihr Motto: #WeAreNotWaiting‘.“ Dieses internationale Projekt läuft bereits seit 2014, die EU fördert das OPEN-Projekt (www.open-diabetes.eu) seit 2019. Inzwischen gibt es auch offizielle AID-Systeme auf dem Markt, deren Möglichkeiten jedoch limitiert sind.

Keine offizielle Zulassung

Über 10.000 Menschen mit Diabetes weltweit nutzen inzwischen unabhängig programmierte Softwarelösungen, um ihren Zuckerspiegel per Insulinpumpe automatisch einzustellen. Entwickler stellen die Software der Algorithmen quelloffen und kostenlos zur Verfügung (open-source), ebenso erklären sie, wie die Software eingerichtet und individuell eingestellt wird. Unterstützung erfahren die Nutzer auch durch eine stetig wachsende Online-Community von Menschen, die selbst oder deren Angehörige mit Diabetes leben. Durch die große Gemeinschaft an Nutzern und Entwicklern sind die Systeme immer auf dem aktuellen Stand der Technik. Eine offizielle Zulassung haben sie allerdings nicht, weshalb sie auf eigene Gefahr genutzt werden.

Weitere Informationen unter:
www.open-diabetes.eu
consensus@open-diabetes.eu


*Lancet Diabetes & Endocrinology unter der DOI 10.1016/S2213-8587(21)00267-9 verfügbar (Englisch).

Quelle: Medienmitteilung des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) vom 4. Februar 2022

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