Vor der Amputation: Zweitmeinung einholen!

Diabetisches Fußsyndrom
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Menschen mit Diabetes, denen eine Amputation der unteren Gliedmaßen droht, sollten vorher unbedingt eine qualifizierte fachärztliche Zweitmeinung einholen. Das Recht auf diese Zweitmeinung für gesetzlich Versicherte hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GB-A) Mitte April 2020 beschlossen.

(25.4.2020) Diabetespatienten mit einer gesetzlichen Krankenversicherung haben künftig einen Rechtsanspruch auf eine qualifizierte fachärztliche Zweitmeinung, wenn bei ihnen eine Amputation an den unteren Extremitäten (Fuß, Bein) geplant ist. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 16. April 2020 beschlossen. Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG) begrüßt den Beschluss als “wichtigen Meilenstein für Diabetespatienten”. „Der G-BA-Beschluss wird nicht nur Amputationen verhindern, sondern auch Lebensqualität und Überleben sichern,“ erklärt DGG-Präsident Professor Dr. med. Dittmar Böckler. Wer von einer Amputation bedroht ist, sollte von diesem Recht auf eine Zweitmeinung unbedingt Gebrauch machen.

Zu viele Amputationen bei Diabetespatienten

Das diabetische Fußsyndrom gehört zu den häufigen Folgeerkrankungen des Diabetes. Jeder vierte Diabetespatient entwickelt im Laufe seines Lebens diese Komplikation. Mehr als 40.000 Amputationen werden bei Diabetsspatienten pro Jahr in Deutschland durchgeführt. 60 bis 80 Prozent dieser Amputationen ließen sich durch eine rechtzeitige Diagnostik und Therapie verhindern, ist Professor Böckler überzeugt. Daher sei der GB-A Beschluss so wichtig. Verhindert werden müssten vor allem die Major-Amputationen, so die Experten der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin. Als Major-Amputation wird die Entfernung des ganzen Ober- und Unterschenkels bezeichnet. Bei der Minor-Amputation hingegen wird unterhalb des Knöchels amputiert.

Gefäßchirurgen kennen zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten

„Um den Verlust einer unteren Extremität zu vermeiden, ist es entscheidend, die arterielle Durchblutung des betroffenen Beines zu verbessern“, erläutert Prof. Dittmar Böckler. Wie gut dies mit welchen Maßnahmen gelingen kann, zeigt eine Untersuchung der Gefäße, eine Darstellung mittels sogenannter Angiografie. „Das ungeschriebene Gesetz lautet daher: keine Amputation ohne vorherige Gefäßdarstellung“, so der Heidelberger Gefäßexperte. Oberstes Ziel sei dann die Verbesserung der Durchblutung des Beines. Dies kann mit verschiedenen Eingriffen erreicht werden. Dazu gehören u.a. Bypassoperationen, aber auch die Aufweitung eines verschlossenen Gefäßes mithilfe eines Ballons („Ballondilatation“) über einen Katheter. Beide Verfahren können auch kombiniert werden, so der Gefäßchirurg und Diabetesspezialist Professor Dr. med. Gerhard Rümenapf aus Speyer. Hinzu kämen fußchirurgische Eingriffe sowie Operationen, bei denen Haut verpflanzt wird, um Wunden zu schließen, die den Knochen angreifen. „Diese Therapien sollten aber möglichst rechtzeitig angewendet werden“, betont Rümenapf.

Interdisziplinäres Team hilft, Amputationen zu vermeiden

Welches Verfahren am Ende in Frage kommt, muss individuell für jeden Patienten anhand dessen Risikoprofils, dessen Gefäßdarstellung und Wundbefunds von einem interdisziplinären Behandlungsteam entschieden werden. In einem solchen Team sollten Gefäßchirurgen vertreten sein, aber auch Angiologen, Radiologen, Hausarzt oder Diabetologe, Orthopäden sowie nichtärztliche Assistenzberufe wie Podologen, Fachpflege für Wundbehandlung, orthopädische Schuhmachermeister bis hin zu Schmerztherapeuten und Psychologen.

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Hier lesen Sie den G-BA-Beschluss zum Recht auf eien Zweitmeinung bei drohender Amputation bei Diabetespatienten

Quelle: Medieninformation der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG) vom 17. April 2020.

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Dieser Artikel wurde verfasst von Heidi Buchmüller