Richtige Behandlung einer Depression könnte von Diabetes-Typ abhängen

Foto von Gadiel Lazcano auf Unsplash
Menschen mit Diabetes sind deutlich häufiger von Depressionen betroffen als die Allgemeinbevölkerung. Das kann ihre Lebensqualität einschränken und den Verlauf der Stoffwechselerkrankung negativ beeinflussen. In einer neuen Analyse haben Forscher nun untersucht, welchen Einfluss Entzündungsprozesse im Körper auf den Erfolg einer Behandlung haben. Das überraschende Ergebnis: Die Wahl der passenden Therapie könnte vom Diabetes-Typ abhängen.

(31.7.2025) Wenn Menschen mit Diabetes zusätzlich eine Depression entwickeln, könnte die Therapie künftig vom Diabetes-Typ des Betroffen abhängen. Forscher des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), des Forschungsinstituts der Diabetes Akademie Mergentheim (FIDAM) und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) fanden bei einer großen Analyse heraus: Menschen mit Typ-2-Diabetes und erhöhten Entzündungswerten im Blut profitierten häufig besonders von einer kognitiven Verhaltenstherapie – einer psychotherapeutischen Methode also, bei der belastende Gedanken und Verhaltensmuster gezielt verändert werden. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes hingegen zeigte sich unter denselben Bedingungen eine deutlich geringere Wirkung dieser Therapieform. Bei ihnen könnten deshalb medikamentöse, anti-entzündliche Therapien besser zur Behandlung der Depression geeignet sein. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden vor Kurzem in der Fachzeitschrift Diabetologia veröffentlicht.

Große Datenanalyse über ein Jahr hinweg

Für die Analyse wurden Daten von 521 Personen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes ausgewertet, die zudem Depressionssymptome aufwiesen und eine Verhaltenstherapie erhielten. Die Forscher untersuchten dabei die Entwicklung von depressiven Symptomen über ein Jahr hinweg sowie die Konzentration von 76 verschiedenen Entzündungsmarkern im Blut – das sind Eiweiße oder Botenstoffe, die auf entzündliche Prozesse im Körper hinweisen. Sie wollten wissen, ob es Zusammenhänge zwischen Entzündungsniveau und Veränderung der Depressionsschwere bei den Patienten gab.

Es zeigte sich ein interessantes Muster: Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes und höheren Entzündungswerten verbesserten sich die depressiven Symptome durch die Verhaltenstherapie signifikant, besonders bei kognitiv-affektiven Beschwerden. Dazu zählen zum Beispiel Grübeln, empfundene Hoffnungslosigkeit und innere Unruhe. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und höheren Entzündungswerten erzielte die Verhaltenstherapie dagegen nur geringere Verbesserungen. Somatischen Symptome wie Erschöpfung, Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit besserten sich bei ihnen unter Verhaltenstherapie kaum.

Zwar ist noch nicht abschließend geklärt, warum es diese Unterschiede gibt. Die Forscher nehmen aber an, dass die Ursache des jeweiligen Diabetes-Typs hierbei eine Rolle spielt. Diese Erkenntnisse werden möglicherweise dabei helfen, psychotherapeutische und gegebenenfalls auch entzündungshemmende Behandlungen besser auf die individuellen Bedürfnisse von Menschen mit Diabetes abzustimmen, so das Fazit der Autoren.

Warum Depressionen bei Diabetes besonders häufig sind

Hintergrund: Menschen mit Diabetes haben ein etwa doppelt so hohes Risiko, eine Depression zu entwickeln wie Menschen ohne die Stoffwechselerkrankung. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die chronische Belastung durch die Krankheit, das ständige Kontrollieren der Blutzuckerwerte, Insulingaben oder auch die Angst vor Folgeerkrankungen können zu Gefühlen von Überforderung oder Hilflosigkeit führen.

Depressionen wiederum erschweren die eigenverantwortliche Behandlung des Diabetes, weil mitunter Motivation und Antrieb fehlen. Das kann zu einer schlechteren Stoffwechseleinstellung führen. Neben diesen psychosozialen Belastungen gibt es biologische Zusammenhänge zwischen Diabetes und Depressionen. Die bereits erwähnten Entzündungen können beim Typ-1-Diabetes durch Autoimmunreaktionen entstehen, beim Typ-2-Diabetes durch Übergewicht, Insulinresistenz und andere Stoffwechselveränderungen. Solche Entzündungsprozesse können auch das Nervensystem und das Gehirn beeinflussen und so zur Entwicklung von depressiven Symptomen beitragen.

Quellen:
Deutsches Diabetes Zentrum (DDZ)
The Lancet – Diabetes and Endocrinology
Diabetelogia Journal
Diabetes Anker
eigene Recherche

Stichwörter: , , , ,

Kategorisiert in: , , , ,

Dieser Artikel wurde verfasst von Thorsten Ferdinand