Neue Schlaganfall-Leitlinie auch als Patientenversion

Mit Diabetes im Krankenhaus
© sepy – fotolia.com
Medizinische Leitlinien helfen Ärztinnen und Ärzte bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Behandlung von Erkrankungen. Nach fast zehn Jahren ist nun eine aktualisierte Schlaganfall-Leitlinie zur „Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls“ erschienen. Dazu gibt es auch eine Patientenversion, an der sich Schlaganfall-Patienten und ihre Angehörigen orientieren können. Den Link zum Download finden Sie am Ende des Artikels.

(7.11.2021) In Deutschland erleiden jährlich rund 260.000 Menschen einen Schlaganfall – viele davon sind gleichzeitig an Diabetes erkrankt. Das Thema hat Licht und Schatten: Einerseits ist der Schlaganfall heute der häufigste Grund einer Behinderung, die im Erwachsenenalter erworben wird. Andererseits haben sich seit den 1990er Jahren medizinisch viele Fortschritte entwickelt. Der Schlaganfall ist eine erfolgreich behandelbare Krankheit geworden. Viel dazu beigetragen hat die Einrichtung von Spezialeinrichtungen, sogenannter “Stroke Units”. Fortschritte gab es auch durch den Einsatz moderner Therapien wie Thrombolyse (medikamentöse Auflösung von Gerinseln) oder Thrombektomie (Entfernung von Gerinseln mittels eines Katheters).

Leitlinie „Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls“

Damit diese Optionen auch im klinischen Alltag eingesetzt werden, erarbeiten medizinische Fachgesellschaften Leitlinien, die Ärztinnen und Ärzten Empfehlungen zur Entscheidungsfindung an die Hand geben. Die letzte Version der Leitlinie „Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls“ stammte aus dem Jahr 2012. Bei der Online-Pressekonferenz der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) zum Weltschlaganfalltag am 26. Oktober 2021 wurde nun eine vollständig neu bearbeitete Version vorgestellt. Sie beruht auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren.

Wichtige Punkte aus der neuen Schlaganfall-Leitlinie

  • Alle Patienten mit einem akuten Schlaganfall sollen auf einer Stroke Unit behandelt werden.  Die Aufenthaltsdauer auf der Stroke Unit sollte sich an individuellen, patientenspezifischen Faktoren orientieren.

  • Bei allen Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall, die Kandidaten für eine Reperfusionstherapie sind, soll eine sofortige Bildgebung des Gehirns mit CT oder MRT erfolgen, um zwischen Ischämie und Blutung zu unterscheiden und somit das therapeutische Prozedere festlegen zu können.

  • Patienten, die die Voraussetzungen für eine endovaskuläre Schlaganfalltherapie erfüllen, sollen unmittelbar auch eine nicht invasive Gefäßdiagnostik (CTA, MRA) erhalten, die auch den Aortenbogen umfassen sollte. Falls bei Ankunft in der Klinik das kritische Zeitintervall von 4,5 Stunden überschritten ist, sollte eine erweiterte multimodale Bildgebung erfolgen (zum Beispiel Perfusionsuntersuchung mit MRT oder CT), da befundabhängig noch eine spezifische Schlaganfalltherapie möglich sein kann.

  • Eine frühe duale antithrombotische Sekundärprophylaxe (ASS plus Clopidogrel oder Ticagrelor) sollte nicht routinemäßig erfolgen. Sie kann aber bei ausgewählten Patienten nach TIA oder leichten Schlaganfällen für einen kurzen Zeitraum Vorteile haben. Bei erhöhtem Blutungsrisiko sollte keine duale Plättchenhemmung erfolgen.

Besonderes Thema: Post-Stroke-Delir

Das sogenannte Post-Stroke-Delir betrifft im Mittel jeden vierten Schlaganfallpatienten und hat erhebliche Auswirkungen auf die Behandlung. Die Patientinnen und Patienten entwickeln Störungen von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung und Bewusstsein, die nicht allein durch den Schlaganfall erklärt werden können. Ein solches Delir führt zu einer fast fünffach erhöhten Sterblichkeit, längeren Klinikaufenthalten und häufigeren Entlassungen in Pflegeeinrichtungen. Trotz dieser Häufigkeit und der möglichen Folgen des Post-Stroke-Delirs sind Forschungsergebnisse dazu rar und die Therapien daher kaum standardisiert. Die Leitlinien empfehlen das gezielte Screening mit etablierten Scores. Neben der Behandlung mit speziellen Medikamenten ist es besonders wichtig, frühzeitig die Reorientierung der Patienten zu stimulieren (Kommunikation, Mobilisation, Brille, Hörgeräte, Tag-Nacht-Rhythmus).

Patientenversion der Schlaganfall-Leitlinie verfügbar

Medizinische Leitlinien sind für den Laien schwer verständlich, aber sie können auch für Betroffene und ihre Angehörige eine verlässliche Quelle sein, sich über den Stand der Behandlung zu informieren. Daher werden für viele Leitlinien inzwischen auch Patientenversionen erarbeitet.

Auch für die neue Schlaganfall-Leitlinie gibt es eine Patientenversion, die Sie hier herunterladen können.

Die medizinische Leitlinie finden Sie hier.

Quelle: Online-Pressekonferenz der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) zum Weltschlaganfalltag am 26. Oktober 2021.

Kategorisiert in: , ,

Dieser Artikel wurde verfasst von admin