Typ-1-Diabetes und Triathlon

Diabetes und Triathlon, ist das machbar? Wohl schon – – aber nur in Kenntnis des eigenen Körpers und seiner individuellen Reaktion auf Ausdauersport. Dafür gibt es neuere Erkenntnisse und Regeln, die dann Individuell angepasst werden müssen.

Viele junge Frauen und Männer mit Typ 1 Diabetes betreiben Ausdauersportarten wie Marathon, Radrennen oder Triathlon. Das Risiko besteht in Stoffwechselentgleisung und Hypoglykämie.  Um diese Risiken zu vermeiden und auch um optimale Ergebnisse in seiner Sportart zu erreichen, sollte jeder mit Typ 1 Diabetes die wichtigsten sportphysiologischen Grundlagen für den Ausdauersport kennen. Nur so können  Fehler vermieden werden und der erfolgreiche Zieleinlauf ist gesichert.

Energie für Ausdauer

Zur Durchführung eines Ausdauersports wird Energie benötigt. Athleten schöpfen diese Energie aus den körpereigenen Energiespeichern und durch Energiezufuhr im Wesentlichen durch Kohlenhydrate. Die körpereigenen Energiespeicher sind die Leber und die Muskulatur aus denen die Glukose durch Glykogenolyse und Gluconeogenese aktiviert werden kann.  Glykogenolyse bezeichnet den Abbau des gespeicherten Glykogen und Gluconeogenese die Neubildung von Glukose. Ein weiterer großer Energielieferant ist das körpereigene Fett. Bewegt sich der Athlet im aeroben Bereich wird die Glukose und das Fett vollständig zu ATP oxidiert. Im anaeroben Bereich wird Laktat produziert. Lange dachte man, dass Laktat gefährlich ist und nicht als Energielieferant zur Verfügung steht. Heute  weiß man jedoch, dass Laktat, welches ebenfalls ein Kohlenhydrat ist, mit bis zu 50 % zum Energiebedarf beiträgt. Training erhöht die individuelle Toleranz gegenüber Laktat.

Insulinbedarf kann stark sinken

Während der aeroben Belastung entleeren sich die Glykogenspeicher in Leber und Muskulatur. Die körperliche Aktivität stimuliert beim Gesunden den  Abfall von Insulin und die erhöhte Ausschüttung von Glucagon. Dies aktiviert die Glykogenolyse und die Gluconeogenese in der Leber.  Bei einem Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 fällt das zugeführte Insulin durch die Übung nicht ab, im Gegenteil, er hat womöglich eine verstärkte Mobilisation des Insulins aus den subkutanen Depots. Die Überinsulinierung blockiert die Glukoseproduktion der Leber. Dies erhöht das Risiko für Unterzuckerungen 20-30 min nach Beginn der körperlichen Belastung, nachdem die hepatischen und muskulären Glykogenspeicher entleert sind. Durch die Ausdauerbelastung erhöht der insulinunabhängige GLUT 4  Transporter seine Aktivität. Der Transport von Glukose in den Muskel ist erhöht. Dies trägt mit zu dem erhöhten Risiko für Unterzuckerungen bei. Bei dauernder, möglichst hoher, aerober Belastung ist die Glukoseoxidation maximal, welches ebenfalls das Risiko für Unterzuckerungen erhöht. Was passiert nun mit den Blutzuckerspiegeln bei Athleten mit Typ 1 Diabetes, wenn sie ihre Sporteinheit absolvieren? Zunächst fällt der Blutzucker innerhalb von 20-30 min schnell ab. Durch den Abfall des Blutzuckers setzt die hormonelle Gegenregulation ein. Es werden Stresshormone wie Cortisol, Katecholamine und Wachstumshormon freigesetzt. Diese erhöhen die Insulinresistenz und fördern die Gluconeogenese. Die Folge ist ein Ansteigen der Blutzuckerwerte über den Ausgangswert, mit dem die Athleten ihre Sporteinheit begonnen hatten. Diese erhöhten Blutzuckerwerte halten oft lange bis nach der Sporteinheit an und fallen erst verspätet ab. Da die Glykogenspeicher entleert sind kommt es daher häufig aufgrund der Überinsulinierung zu nächtlichen Hypoglykämien.

Stoffwechseleinstellung bei Ausdauersport

Das Kenntnis dieses etwas vereinfacht dargestellten Verlaufes der Blutzuckerwerte hilft die wesentlichen Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um die maximale Leistungsfähigkeit zu erreichen. Gewollt sind möglichst gleichmäßige Blutzuckerprofile. Der Abfall nach Beginn der Belastung sollte nicht so stark ausfallen. Dadurch ist die Gegenregulation geringer und die reaktive Hypoglykämie danach fällt schwächer aus. Welche Maßnahmen sollten also die Athleten durchführen um dieses Ziel zu erreichen?

•    Die Kohlenhydratspeicher sollten aufgefüllt sein.

•    Kohlenhydrate müssen kontinuierlich zugeführt werden.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Glukose über den SGLT1-Transporter (Natrium-Glukose Co – Transporte 1) in der Darmwand aufgenommen wird. Die Transportkapazität ist beschränkt. Bis 2008 glaubte man, dass dadurch die maximale Zufuhr an Kohlenhydraten bei 1 g/min liegt (Kerksick et al. J Int Sports Nutr. 2008). Durch den Nachweis des GLUT5-Transportsystems (Currel und Jeudendrup, 2008, Med Sci Sports Exerc)  konnte durch Nutzung beider Transportsysteme für Glukose und Fructose die Aufnahme von Kohlenhydraten auf 90 g/h erhöht werden. Die Zusammensetzung der Nahrung Glukose : Fructose sollte im Verhältnis 2 : 1 sein, welches von den meisten Herstellern auch so angeboten wird. Der Natrium – Glukose Co – Transporter benötigt Natrium, welches in Kochsalz enthalten ist. Damit die Kohlenhydratresoption funktioniert, müssen noch 1 – 2 g Kochsalz pro Stunde zugeführt werden. Eine größere Zufuhr als 60g/h Glukose  und 30 g/h Fructose ist nur unnötiger Ballast und verursacht verstärkt gastrointestinale Beschwerden.

Weitere Tipps

•    Basal und Bolusinsulin müssen reduziert werden. Eine pauschale Regel kann nicht gegeben werden. Dies ist individuell unterschiedlich und muss in Trainingseinheiten herausgefunden werden. Die Reduktion des Insulins kann bis zu 90 % sein.

•    Der 10 s Sprint: je früher die Gegenregulation einsetzt, umso geringer ist der Abfall des Blutzuckers. Ein Stimulationsreiz für die Stresshormone ist ein 10 s Sprint mit maximaler Belastung vor der Sporteinheit.

•    Nach einem Marathon oder einem Triathlon sind die Glukosespeicher völlig entleert. Um nächtliche Unterzuckerungen zu vermeiden, sollte vor dem Schlafengehen noch eine kohlenhydratereiche Spätmahlzeit eingenommen werden.

Wir hoffen, dass wir mit diesen wenigen Tipps, bei einigen Sportlern zu mehr Spaß und Erfolg beigetragen haben. Alles Weitere ist im wesentlichen Training, gute Vorbereitung und individuelle Anpassung.

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