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Digitalisierung und digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

Warum an der Digitalisierung in der Diabetologie kein Weg vorbei führt

In der Zeit nach dem Jahr 2000 hat die Modernisierung vieler Lebensbereiche – auch des Gesundheitswesens und speziell der Diabetologie – zu einer ständig wachsenden Datenflut geführt. Mit einer einer traditionellen Arbeitsweise, wie manuelle Datensichtung und -analyse, ist diese Datenflut kaum oder besser gar nicht mehr beherrschbar. Aktuelle, auf künstlicher Intelligenz basierende Softwarelösungen sind der Weg, routinemäßige Arbeiten, wie das Ordnen von Dokumenten, das Erstellen von Arbeitszeitplänen, die Durchführung von Recherchen usw., effektiv zu gestalten.

Der Einsatz von Software zur Unterstützung des Diabetesmanagements ist nicht neu, wie z. B. die Darstellung und Auswertung von Blutglukosedaten mit dem CAMIT der Firma Roche (damals noch Böhringer Mannheim) vor mehr als 30 Jahren zeigt. Mit der zunehmenden Bedeutung von innovativen technischen Lösungen wie Insulinpumpen, smarten Insulinpens, CGM-Systemen und automatischen Insulinabgabesystemen (AID – automated insulin delivery) entstanden zwangsläufig produktabhängige Softwarelösungen. Nachteilig ist, dass solche spezifische Software meist nicht interoperabel ist.

Fehlende Interoperabilität erschwert die Digitalisierung

An den Computern in den Arztpraxen und Kliniken entstand so im Laufe der Jahre ein Wust an Interfacekabeln und -boxen sowie verschiedenartiger Auswertesoftware, die einen zusätzlichen Zeitaufwand für das Diabetesteam bedeuten. Auch produktunabhängige Software wie Sidiary (Sinovo) oder Diabass®Pro (Mediaspects) haben dieses Problem nicht in der Breite gelöst.

Fast 9 Millionen Menschen in Deutschland haben Diabetes

Eine gegenwärtig wichtige Aufgabe ist es, die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland voranzubringen, ergibt sich doch zunehmend das Problem nachlassender Arztdichte einerseits und zunehmenden Patientenzahlen andererseits. Ganz wesentlich betrifft dies die Diabetologie, wie der „Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2024“ zeigt. Er weist mehr als 8,9 Millionen Menschen in Deutschland mit Diabetes aus – etwa 90 % davon mit Typ-2-Diabetes. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von mindestens 2 Millionen. Jedes Jahr wird bei ca. 500 000 Menschen der Diabetes neu diagnostiziert. Diese Entwicklung erfordert den breiten Einsatz digitaler Werkzeuge.

Die Digitalisierung geht zu langsam voran

Im Gegensatz dazu geht die Digitalisierung im Gesundheitswesen – und damit auch in der Diabetologie in Deutschland – eher schleppend voran und hinterlässt bei vielen Ärzten die Frage nach der Notwendigkeit und der Sinnhaftigkeit. Dabei wird selten bezweifelt, dass der Einsatz digitaler Daten, geliefert zum Beispiel von einem CGM-System an Systeme zur Insulindosierung (AID-Systeme, Smartpens) oder an Smartphones sinnvoll ist.

Zweifel bestehen eher an einer Nutzung der Daten zum digitalen Coaching oder an einem Übergang zur teilweisen telemedizinischen Behandlung. Das hat objektive Ursachen: von den Schwierigkeiten der Zulassung Digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) angefangen, über Themen wie Datenschutz (der den schnellen Fortschritt eher behindert) bis schlicht zur fehlenden Notwendigkeit. In Ländern wie in den USA ist dagegen der Zwang zur Digitalisierung aufgrund der großen Fläche, einer geringeren Dichte an Diabetologen/Endokrinologen deutlich höher. Auch werden die Vorteile für die Patienten eher erlebbar, wenn lange, für einen direkten Arztbesuch zurückzulegende Wege durch digitale Werkzeuge entfallen. Die Patienten werden dadurch zwangsläufig motiviert digitale Möglichkeiten zu nutzen.

Smartphones bieten die Voraussetzungen

Dabei gibt es auch außerhalb solcher konkreten Anwendungen der Digitalisierung viele Zugänge dazu. Einer der wichtigsten folgt mit der Verbreitung der Smartphones, letztendlich ein leistungsfähiger Kleincomputer im Hosentaschenformat mit weitreichendem Zugang zum Internet (die Abdeckung des Internets wird auch in Deutschland immer besser). Die nahezu unübersehbare Anzahl an Applikationen (Apps) haben dazu geführt, dass viele Lebensbereiche damit abgedeckt werden – von der Dokumentation von Teilen des eigenen Lebens (Bilder und Videos) über Tagebuchfunktionen, Konsum von Neuigkeiten, Datenaustausch (Telefonate, e-mails, WhatsApp etc.) bis zur Erledigung von Bankgeschäften.

Bei dieser erst seit etwas mehr als 20 Jahren (1996 brachte Nokia das erste Smartphone heraus) verfügbaren Technologie hat es eine stürmische Entwicklung gegeben, auch wenn durch die Internetanbindung die Gefahr des Fremdzugriffs besteht, was versucht wird mit Mitteln des Datenschutzes weitgehend einzuschränken. Auf jeden Fall hat die große Verbreitung dieses digitalen Hilfsmittels die Welt verändert. Es steht einer großen Zahl von Menschen im Alltag zur Verfügung. Nach Angaben zur Marktforschung (www.marktforschung.de) liegt 2025 in Deutschland der Anteil von Menschen ab 14 Jahren, die ein Smartphone nutzen, zwischen 81% und 86%. Das entspricht etwa 57,0 bis 66,5 Millionen Nutzern. Fast jeder deutsche Staatsbürger im Alter unter 50 Jahren nutzt ein Smartphone. Ein wichtiges Werkzeug der Digitalisierung hat damit im Alltag der Menschen einen dominierenden Platz gefunden. Damit ist es naheliegend, Probleme bei der Gesundheitsversorgung über diesen Zugang zu lösen. Digitale Gesundheitsanwendungen sind bzw. wären die logische Konsequenz.

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

Unter einer DiGA ist eine Webanwendung und/oder eine App zu verstehen, die auf einem Computer und/oder einem Smartphone angewendet werden kann. Laut Definition soll sie u.a. helfen Krankheiten:

Es handelt sich folglich um Medizinprodukte. Seit September des Jahres 2020 können DiGAs den Patienten von Ärzten oder Psychotherapeuten auf Rezept verschrieben werden. Deren Kosten sind von den Krankenkassen zu übernehmen. Allerdings muss die Anwendung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als erstattungsfähige Gesundheitsanwendung gelistet sein. Dabei gibt es zwei Kategorien, nämlich

Zulassungsvoraussetzungen für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

Im ersten Fall wurde die DiGA in einem Zertifizierungsverfahren durch das BfArM positiv bewertet. Das heißt, es muss ein medizinischer Nutzen nachgewiesen worden sein oder die Patientenversorgung muss sich verbessert haben. Der Nachweis muss mit einer wissenschaftlich fundierten klinischen Studie, in der Regel einer randomisierten, kontrollierten Studie durch den Hersteller der DiGA, im Laufe eines Jahres erbracht worden sein. Weiterhin hat die DiGA den Standards für Sicherheit, Qualität, Datenschutz usw. zu entsprechen.

Die vorläufige Aufnahme betrifft DiGAs, die von Firmen entwickelt, aber noch nicht zertifiziert wurden, z. B. weil noch keine Studienergebnisse für die Beurteilung der Evidenz vorliegen. Die Krankenkassen übernehmen über den Zeitraum von einem Jahr die Kosten. Liegt die Evidenz innerhalb des Überprüfungsjahres noch nicht vor, so kann die DiGA wieder aus dem Verzeichnis gelöscht werden.

Mit dem Digital-Gesetz sollen die DiGA seit 2025 tiefer in die Versorgungsprozesse von Patienten integriert und ihre Anwendung damit transparenter werden. DiGAs müssen künftig so ausgestattet sein, dass sie z. B. für Telemonitoring genutzt werden können oder der Datenimport in die elektronische Patientenakte möglich ist.

Aktuell erfolgt die Listung der DiGA in den Kategorien

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