(23.11.25) In Deutschland ist die Anzahl der Menschen, die wegen einer Essstörung im Krankenhaus behandelt werden müssen, in den vergangenen 20 Jahren deutlich gestiegen. Betroffen sind überwiegend Mädchen und junge Frauen. Als eine Hauptursache gelten Videos in sozialen Netzwerken, die ein extrem niedriges Körpergewicht als erstrebenswertes Schönheitsideal darstellen. Bei Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes ist das Erkrankungsrisiko besonders hoch: Laut Studien beträgt die Anzahl der Betroffenen etwa 7 Prozent. Jugendliche ohne Diabetes sind nur etwa halb so oft betroffen.
Dieses Problem hat mehrere Ursachen. Menschen mit Diabetes müssen sich aus gesundheitlichen Gründen stärker als andere mit Ernährung und deren Auswirkungen auf den Stoffwechsel beschäftigen. Das ständige Zählen und Berechnen von Kohlenhydraten und Insulineinheiten kann die Entstehung einer Essstörung begünstigen. Mitunter führt die Insulintherapie auch zu einer unerwünschten Gewichtszunahme. Bei einer starken Fixierung auf Schönheitsideale, wie sie im Internet verbreitet sind, kann dies zu Unzufriedenheit führen. Die Kombination aus Diabetes und Bulimie ist so weit verbreitet, dass es dafür sogar einen Begriff gibt: Diabulimie.
Instabile Stoffwechsellage und mehr Folgeerkrankungen
Erkrankungen wie Magersucht und Bulimie können lebensgefährlich werden. Bei einer Stoffwechselerkrankung wie Diabetes sind die Folgen besonders gravierend. Eine gute und stabile Stoffwechsellage ist bei einer Essstörung deutlich schwieriger zu erreichen, weshalb Betroffene häufiger eine Unter- oder Überzuckerung erleiden. Folgeerkrankungen der Augen, Nieren oder Füße treten bei Menschen mit Diabetes und einer Essstörung besonders häufig auf.Eine Ursache hierfür ist das sogenannte Insulin Purging: Dabei verzichten Menschen mit Typ-1-Diabetes bewusst auf das Verabreichen von Insulin oder reduzieren die Dosis, in der Hoffnung, so Gewicht zu verlieren. Der Körper kann den Zucker aus der Nahrung dann nicht aufnehmen und scheidet ihn mit dem Urin aus. Kurzfristig erhöhen sich die Blutzuckerwerte, mittel- und langfristig entstehen Schäden an den Blutgefäßen.
Psychotherapie oder Klinikaufenthalt kann notwendig werden
Eltern, die ein derartiges Verhalten bei ihrem Kind feststellen, sollten die gesundheitlichen Gefahren ansprechen und Vorwürfe möglichst vermeiden. Da Jugendliche dazu neigen, viele Dinge auszuprobieren, muss es sich beim beobachteten Insulin Purging nicht unbedingt um eine behandlungsbedürftige Essstörung handeln. Sollte sich dieses Verhalten jedoch festsetzen, kann eine Psychotherapie oder ein stationärer Klinikaufenthalt angeraten sein, denn eine Essstörung ist eine psychische Erkrankung.Eine unzureichende Ernährung in einem sehr jungen Alter kann übrigens sogar Auslöser einer Diabetes-Erkrankung sein. In solchen Fällen führt Nährstoffmangel dazu, dass die Bauchspeicheldrüse dauerhaft zu wenig Insulin produziert. Diese Form der Stoffwechselerkrankung wird als Diabetes Typ 5 bezeichnet. Die Ursache liegt in diesem Fall allerdings in der frühen Kindheit: Typ-5-Diabetes ist meist eine Folge von Armut in Ländern mit geringem Durchschnittseinkommen und hat nichts mit Essstörungen zu tun, die sich erst im Jugendalter entwickelt haben.
Quellen:
Die Zeit
Tagesschau
diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe
Apotheken-Umschau
eigene Recherche
