Koalitionsvertrag im Überblick

Von konkret bis vage: Die Vorschläge der vermutlichen Koalitionspartner zur Zukunft des Gesundheitswesens im Detail.

Ambulante Gesundheitsversorgung

Wartezeiten auf einen Arzttermin sollen reduziert werden. Patienten sollen sich bei Überweisung an einen Facharzt künftig an eine zentrale Terminservicestelle bei den Kassenärztlichen Vereinigungen wenden können. Diese soll innerhalb einer Woche einen Termin vermitteln. Die Wartezeit soll vier Wochen nicht überschreiten. Gelingt dies nicht, soll die Terminservicestelle einen Termin zur ambulanten Behandlung in einem Krankenhaus anbieten. Die Behandlung erfolgt zu Lasten der KV-Budgets. Die Terminservicestellen können in Kooperation mit Krankenkassen betrieben werden. Krankenhäuser sollen in unterversorgten Gebieten leichter zur ambulanten Versorgung zugelassen werden. Dazu soll in Paragraf 116a SGB V, der die Ermächtigung regelt, das Wort “kann” durch “muss” ersetzt werden. Die Wartezeiten für die psychotherapeutische Versorgung sollen verkürzt werden. Der GBA soll dazu in einer gesetzlich definierten Frist die Psychotherapierichtlinie überarbeiten.

Das Entlassmanagement der Krankenhäuser soll verbessert werden. Hier soll ergänzend eine gesetzliche Koordinationsfunktion der Krankenkassen geschaffen werden. Krankenhäuser sollen bei Entlassungen mehr Leistungen verordnen dürfen. Krankenhäuser sollen eine pflegerische Übergangsversorgung veranlassen dürfen. Die Disease Management Programme sollen um auf Rückenleiden und Depressionen erweitert werden.

Krankenhausversorgung

Gestartet werden soll eine Qualitätsoffensive für die stationäre Versorgung. Qualität soll als weiteres Kriterium für Entscheidungen der Krankenhausplanung gesetzlich eingeführt werden (§1 KHG). Gegründet werden soll ein Qualitätsinstitut, das sektorübergreifende Routinedaten sammelt, auswertet und einrichtungsbezogen veröffentlicht. Die Anforderungen der Qualitätsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) sind zwingend einzuhalten. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) soll mit unangemeldeten Kontrollen überprüfen, ob die Vorgaben des GBA zur internen und externen Qualitätssicherung eingehalten werden. Die Befugnis des GBA zur Festlegung von Mindestmengen soll rechtssicher werden.

Die Qualitätsberichte der Kliniken sollen verständlicher, transparenter und so präzise werden, dass Patienten auf dieser Grundlage Entscheidungen treffen können. Der GBA erhält den Auftrag, in seinen Vorgaben die Aussagekraft und Verständlichkeit der Qualitätsberichte zu verbessern und Aspekte der Patientensicherheit sowie Ergebnisse von Patientenbefragungen zu integrieren. Dazu soll das Qualitätsinstitut eine online einsehbare Vergleichsliste erstellen und führen und die Vielzahl von Zertifikaten bewerten und einordnen. OP-Sicherheitschecklisten sollen Standard werden. Informationen zu Krankenhausinfektionen müssen verpflichtender Bestandteil der Qualitätsberichte werden.

Vor Operationen sollen Patienten künftig regelhaft die Möglichkeit haben, eine Zweitmeinung bei einem weiteren Facharzt oder Krankenhaus einzuholen. Diese Regelung betrifft vom GBA zu definierende mengenanfällige planbare Behandlungen. Ärzte müssen bei Indikationsstellung die Patienten über das Recht zur Einholung einer Zweitmeinung verbindlich aufklären. Die Aufklärung muss mindestens zehn Tage vor der Operation erfolgen. Die Kosten sollen die Krankenkassen tragen.

Zur Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung sollen Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenhäuser regelhaft kooperieren. Einbezogen werden soll auch der Notdienst der Apotheken. Der Sicherstellungsauftrag bleibt bei den KVen.

Finanzierung

Der Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung soll von 15,5 auf 14,6 Prozent gesenkt werden. Der Arbeitgeberanteil wird bei 7,3 Prozent festgeschrieben. Künftig werden Kassen individuell Zusatzbeiträge erheben und zwar prozentual vom beitragspflichtigen Einkommen. In den Zusatzbeitrag fließt auch der bisher allein von Beschäftigten getragene Anteil von 0,9 Beitragssatzpunkten ein.

Arzneimittel

Die Versorgungsperspektive soll bei Preisverhandlungen nach der Nutzenbewertung neuer Arzneimittel mehr berücksichtigt werden. Dazu wird neben dem GKV-Spitzenverband mindestens ein Vertreter einer Mitgliedskasse des Spitzenverbandes mit am Verhandlungstisch sitzen. Die Nutzenbewertung für bereits zugelassene Arzneimittel – auch laufende Verfahren – wird beendet. Als Gegenfinanzierung wird das Preismoratorium auf Basis der Preise vom 1. August 2009 fortgeführt und der Herstellerrabatt von sechs auf sieben Prozent angehoben. Zwar wird die Rabattregelung jährlich überprüft, jedoch muss der Rabatt mindestens sechs Prozent betragen.

Zu einer Nutzenbewertung kommt es für alle Wirkstoffe, die nach dem 1. Januar 2011 auf den Markt gebracht werden, nach der Erstzulassung und bei einer Ausweitung der Indikation. Über den Preis verhandeln Hersteller und Kassen jedoch nur einmal und zwar nachdem, die Nutzenbewertung die Neuheit eines Wirkstoffes festgestellt hat oder nicht. Bei Rabattverträgen müssen Kassen und Hersteller festlegen, wie Lieferengpässe, vor allem bei Impfstoffen, verhindert werden können. Zudem soll der Gemeinsame Bundesausschuss eine “Substitutionsliste” mit Medikamenten aufstellen, die bei Rabattvereinbarungen nicht ausgetauscht werden dürfen.

Quelle: Ärzte Zeitung online, 28.11.2013 (Auszüge)

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